| Aktuell, Newsletter Newsletter September 2024
Liebe Leserinnen und Leser,
am 30.08.2024 wurde bundesweit der Gedenktag für Opfer von Abschiebungen und Abschiebungshaft begangen. In einer News vom 28.08.2024 erinnert der Flüchtlingsrat Niedersachsen an die Opfer, die im Zusammenhang mit ihrer (drohenden) Abschiebung zu Tode gekommen sind. Abschiebungen und Abschiebungshaft seien als Zwangsmaßnahmen immer gewalttätig.
Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 22.08.2024 auf die Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke darlegt, sind im ersten Halbjahr 2024 9.465 Menschen abgeschoben worden – 20 % mehr als im ersten Halbjahr 2023. 3.043 von ihnen wurden im Rahmen des Dublin-Verfahrens in einen anderen EU-Staat überstellt, damit dort das Asylverfahren stattfindet. Bei 546 Personen hat die Bundespolizei im Rahmen der Abschiebung körperliche Gewalt eingesetzt. Zudem sind insgesamt 1.374 Menschen nach ihrem Grenzübertritt „zurückgeschoben“ worden. Die Zahl der bundesweit Abgeschobenen habe sich von 10.800 (2.805 in NRW) im Jahr 2020 auf 16.430 Menschen im Jahr 2023 (3.663 in NRW) kontinuierlich erhöht, wie das Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. und das Projekt Abschiebungsreporting NRW in ihrem am 28.05.2024 herausgegebenen Buch „Abschiebungen in Nordrhein-Westfalen. Ausgrenzung, Entrechtung, Widerstände.“ darlegen. In Nordrhein-Westfalen seien außerdem mehr als ein Viertel der Menschen, die 2022 und 2023 abgeschoben wurden, vorher im Abschiebungsgefängnis Büren inhaftiert worden, obwohl Menschrechtsorganisationen, Beratungsstellen und Anwältinnen Abschiebungshaft seit langem als überflüssig, unwirksam und vielfach rechtswidrig kritisieren würden.
Wenn Politikerinnen eine harte Haltung hinsichtlich Abschiebungen versprechen, „versuchen sie gegenüber jenen, die die vielfältige, auch von Flucht und Zuwanderung geprägte Gesellschaft ablehnen oder ihr mindestens mit Unbehagen begegnen, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren“, so die Herausgeberinnen des Buchs. Auch auf die mutmaßlich terroristische Gewalttat in Solingen am 23.08.2024 folgte erneut eine Debatte, in der Abschiebung, Abschottung und rassistische Vorurteile gegenüber Schutzsuchenden dominieren. Das Projekt Abschiebungsreporting NRW veröffentlichte dazu am 29.08.2024 einen Faktencheck, in dem die kursierenden Falschinformationen, die den politischen Forderungen zugrunde liegen, eingeordnet werden.
In diesem Newsletter informieren wir über die politischen Auswirkungen des Anschlags von Solingen und richten unseren Blick auf Afghanistan; ein Land, in das die Bundesrepublik drei Jahre nach der Machtübernahme der islamistischen Taliban wieder abschiebt. Außerdem thematisieren wir unter Bezug auf aktuelle Zahlen die Arbeitsmarktsituation ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland und den nordrhein-westfälischen Haushaltsentwurf des kommenden Jahres für den Bereich Flucht und Integration.