Appell: Infektionsschutz für alle!

Die von Isolation, gesellschaftlicher Ausgrenzung und räumlicher Enge geprägten Landeseinrichtungen sind nicht nur in Pandemiezeiten ungeeignet zur Unterbringung von Menschen, die oftmals eine traumatisierende Fluchtgeschichte hinter sich haben. Dieses System wurde bereits in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. Nachdem das Flüchtlingsministerium auf eine schriftliche Intervention des Flüchtlingsrates NRW zur aktuellen Notlage in den Landeseinrichtungen nicht reagiert hat, fordern wir das Land NRW nun öffentlich und insbesondere vor dem Hintergrund der Gefahr einer zweiten Infektionswelle auf, die Massenunterbringung auf Landesebene aktuell zu beenden und auch langfristig entsprechende Konsequenzen zu ziehen. 
 
Massenunterkünfte führen zu Ab- und Ausgrenzung. Sie erschweren Teilhabe und Selbstbestimmung und fördern das Konfliktpotenzial nach innen und außen. Derzeit sind Asylsuchende durch die Unterkunftsbedingungen zudem in besonderem Maße durch das CoronaVirus bedroht. In einigen Landeseinrichtungen hat sich das Virus bereits rasant ausgebreitet. Die in diesem Zuge verhängte Vollquarantäne ganzer Einrichtungen lehnen wir kategorisch ab. Sie stellt ein unnötiges Infektionsrisiko und einen unverhältnismäßigen Freiheitsentzug für einen Großteil der Betroffenen dar. Immer mehr Verwaltungsgerichte, zuletzt das VG Münster, haben bereits in Eilverfahren gegen die Unterbringung in Massenunterkünften, die u.a. nicht die erforderlichen Abstands- und Hygienemaßnahmen gewährleisten können, entschieden.  Deshalb fordern wir die sofortige Entzerrung der Unterbringungssituation als ersten notwendigen Schritt durch dezentrale Unterbringung mit Einzelbelegung auf Landes- und kommunaler Ebene.  
 
Vollkommen unzumutbar ist die Unterbringung in Massenunterkünften für vulnerable Personen, da keine bedarfsgerechten Lebensverhältnisse gewährleistet werden können. Aktuell bedeutet die Unterbringung in den Landeseinrichtungen für kranke Menschen, die zur Risikogruppe gehören, eine Gefahr für Leib und Leben. Quarantänemaßnahmen können bei psychisch vorbelasteten Menschen retraumatisierend wirken und die Suizidalität fördern.  Deshalb fordern wir die sofortige Evakuierung und kommunale Zuweisung vulnerabler Personen. Hier gilt es, individuelle und bedarfsgerechte Lösungen zu finden.  
 
Für Kinder und Jugendliche bedeutet die lange Aufenthaltszeit in Sammelunterkünften eine erhebliche Missachtung ihrer Rechte. Ihnen wird dort beispielsweise das Recht auf Schulbildung vorenthalten. Es gibt keine kindgerechte Unterbringung in Massenunterkünften! Aufgrund der Corona-Pandemie sind Freizeitangebote gestrichen und Freiflächen auf dem Gelände dürfen nicht zum Spielen genutzt werden. Sie müssen einen Großteil der Zeit mit den Eltern im beengten Schlafraum verbringen.  Deshalb fordern wir die sofortige kommunale Zuweisung von Familien mit Kindern.  Eine weitere Verzögerung bei der Umsetzung notwendiger Schutzmaßnahmen gefährdet die Menschen in den Landeseinrichtungen und die Effektivität des gesamtgesellschaftlichen Ziels, die Rate der Neuinfektionen weiter zu senken. Die Landesregierung muss jetzt handeln und darf die Gesundheit geflüchteter Menschen nicht länger gefährden. Infektionsschutz für alle!

Da wir den Appell als parteipolitisch unabhängig verstehen, haben wir uns entschieden, die Unterzeichnung durch Parteien nicht zuzulassen. Wir bitten um Verständnis.

ErstunterzeichnerInnen:

Weitere unterzeichnende Organisationen/Initiativen

agisra e.V.
AK Asyl e.V., Bielefeld
AK Asyl, Schwerte
Ingeborg Heck-Böckler, AMNESTY INTERNATIONAL Deutschland e.V., Vorstandsbeauftragte für Flüchtlingsschutz in NRW
Anti-Rassimus-Telefon Essen
Attac Essen
AWO Ortsverein Emsdetten
DFG-VK BO/HER
djo-Deutsche Jugend in Europa LV NRW e.V.
Eine-Welt-Kreis Salzkotten e.V.
Essener Friedensforum
Evangelische Kirchengemeinde Bad Lippspringe
Flüchtlingshilfe Bonn e.V.
Flüchtlingshilfe Velbert und Projekt Deutsch Lernen e. V.
Flüchtlingsnetzwerk-Hiltrup
Flüchtlingspaten Dortmund e. V.
Flüchtlingsrat Dinslaken
Flüchtlingsrat Kreis Borken e.V.
Flüchtlingsrat im Kreis Coesfeld
Flüchtlingsrat Mönchengladbach e.V.
Flüchtlingsrat Paderborn
Flüchgtlingsrat Rhein-Sieg (e.V. in Gründung)
Frauenverband Courage Essen e. V.
Friedensplenum Bochum
GEW Kreisverband Paderborn
GGUA e. V., Münster
Hürtgenwald Hilft e.V.
IKM (Internationaler Kulturkreis Moers) e.V.
Initiative für eine menschenfreundliche Aufnahme Geflüchteter IMAG e.V
Initiative WeltOffen
Kölner Flüchtlingsrat e.V.
Kritische Mediziner*innen Bonn
Leserinitiative Publik-Forum e.V.
MediNetz Essen e.V.
Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.
Menschenrechtsverein Türkei / Deutschland (Tüday e.V )
Naturfreundejugend Teutoburger Wald
Offenes Antifa Café Bochum
Pädagogisches Zentrum Aachen e.V.
Pax Christ Diözesanverband Essen
ProAsyl/Flüchtlingsrat Essen e.V.
Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge Düsseldorf
Psychosoziales Zentrum Mönchengladbach
Regionale Flüchtlingsberatung der Diakonie
Runder Tisch Essen-Haarzopf
SC Aleviten Paderborn
Seebrücke Essen
STAY! Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative e.V
Team Tudorf (Initiative in der Pfarre Niederntudorf)
terre des hommes - Gruppe Oberhausen
Treffpunkt Asyl Bochum
VAKS e.V.
verein demokratischer ärztinnen und ärzte (vdää) - Rhein-Ruhr
Verein Vlothoer für Flüchtlinge
VVN-BdA Bochum
Weltladen Lüdenscheid e.V.
Zusammenleben Willkommen (Köln)

Zudem haben bisher 146 Einzelpersonen den Appell unterzeichnet (Stand: 22. Juni 2020).

Die Unterzeichnung des Appells war bis zum 21. Juni 2020 möglich und ist nun eingestellt worden.

Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit. Diese finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand September 2024, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

Mehr dazu

Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

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