Forderungen zur Gestaltung notwendiger Rahmenbedingungen in der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit
Forderungen an EntscheidungsträgerInnen in den Kommunen NRWs
In den Kommunen NRWs müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche die Teilhabemöglichkeiten geflüchteter Menschen erleichtern und fördern. Wir fordern die kommunalen EntscheidungsträgerInnen und Behörden auf, hier aktiv und konstruktiv gestaltend tätig zu werden sowie rechtliche Ermessensspielräume im Sinne der Betroffenen auszuschöpfen, sodass ein nachhaltiges Ankommen ermöglicht wird.
Im Detail lauten unsere Forderungen:
Arbeitsmarktzugang: Ermessensspielräume hinsichtlich der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis müssen zugunsten der Betroffenen ausgeschöpft werden. Beschäftigungsverbote dürfen nicht über den gesetzlichen Rahmen hinaus als Sanktionsmittel genutzt werden.
Gesundheit:Die Kommunen werden aufgefordert, auf Basis der Rahmenvereinbarung zwischen der Landesregierung und den Krankenversicherungen vom August 2015 die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge auf kommunaler Ebene einzuführen. Die Betroffene können so autonomer über die eigene gesundheitliche Versorgung entscheiden. Erfahrungen aus mehreren Kommunen NRWs zeigen zudem, dass die Gesundheitskarte den Bürokratie- und Verwaltungsaufwand der Kommune verringert.
Wohnen: Flüchtlingen ist der Auszug in Privatwohnungen bzw. in abgeschlossene Wohneinheiten zu gewähren, unabhängig von Aufenthaltsdauer und -status. Flüchtlinge dürfen nicht in der Peripherie untergebracht werden, wo kaum Anschluss an die ortsansässige Bevölkerung möglich ist. Für die notwendig vorzuhaltenden Gemeinschaftsunterkünfte müssen verbindliche Standards eingeführt werden, die eine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten.
Mobilität: Die Kommunen sollten das Sozialticket einführen für Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder dem SGB II erhalten. Städte wie Bochum und Köln machen es in der Umsetzung vor. In ländlichen Gebieten muss die Nutzung regional ermöglicht werden.
Bildung: Sowohl für kommunale zugewiesene Flüchtlinge als auch für Flüchtlinge in Landeseinrichtungen ist der zeitnahe Zugang zu allen Schulformen zu ermöglichen, damit Bildungsbiografien nicht unnötig lange unterbrochen werden.
Bleiberecht und Teilhabe: Aufenthaltsmöglichkeiten für Geduldete (Duldungsgründe oder Aufenthaltsrechte) sind individuell zu prüfen und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten großzügig zu gewähren. Kommunale Deutsch- und Integrationsangebote müssen für Menschen mit einer Duldung geöffnet werden.
Ehrenamt nachhaltig unterstützen: Wir fordern die Kommunen auf, Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit aktiv zu unterstützen: durch das Bereitstellen finanzieller Mittel und materieller Ressourcen, Angebote zur Begleitung/Schulung sowie durch Anerkennung als kommunale Akteure, deren Erfahrung und Arbeit bei politischen Entscheidungsfindungen gehört und berücksichtigt werden sollten.
Forderungen an die Landesregierung NRW
Unsere Forderungen lauten:
Schulpflicht von Anfang an: Das Schulgesetz NRW muss hinsichtlich des Beginns der Schulpflicht geändert werden. Die Schulpflicht muss für alle Kinder und Jugendlichen bereits in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes gelten. Angebote durch Ehrenamtliche werden einer angemessenen Schulbildung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen nicht gerecht und dürfen nicht als Ersatz zum regulären Schulbesuch betrachtet werden.
Kurze Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen des Landes: Wir fordern eine Aufenthaltsdauer in den Landesaufnahmeeinrichtungen von durchschnittlich nicht länger als 6 Wochen. Die Landesregierung wird aufgefordert von einer Verlängerung der Aufenthaltsdauer auf bis zu 2 Jahre unbedingt abzusehen, da dies verheerende Folgen für alle Betroffenen hätte. Ferner sollen alle Spielräume bei der kommunalen Zuweisung auch von Menschen aus sog. sicheren Herkunftsstaaten, insbesondere von vulnerablen Personengruppen, genutzt werden.
Dafür sollten Kommunen bei der Aufnahme und Integration geflüchteter Menschen intensiver unterstützt werden, sodass nachhaltige Strukturen aufgebaut werden können.
Landesinterne Wohnsitzauflage aufheben: Die am 1. Dezember 2016 in Kraft getretene Ausländer-Wohnsitzregelungsverordnung des Landes NRW führt zu einer massiven Einschränkung der Freizügigkeit geflüchteter Menschen. Sie ist kein geeignetes Mittel, um die Integration zu fördern, sondern behindert diese im Gegenteil. Wir fordern die Abschaffung dieser Landesregelung, damit geflüchtete Menschen ihren Wohnort in NRW selbst wählen dürfen.
Beratungsangebote für Flüchtlinge stärken: Als Ehrenamtliche übernehmen wir oftmals Aufgaben, die von Hauptamtlichen übernommen werden sollten. Behördenunabhängige Beratungsstellen wie auch der Bereich der sozialen Arbeit sollten darum weiter ausgebaut werden. Gleichzeitig muss eine adäquate Qualifizierung des Beratungspersonals gewährleistet sein. Die Fortsetzung von Förderprogrammen zur Förderung der Integration von Flüchtlingen in den Kommunen NRWs, wie zum Beispiel das Programm KOMM-AN NRW, begrüßen wir ausdrücklich.
Ermessenslenkende Erlasse im Sinne der Flüchtlinge: Die Landesregierung wird aufgefordert, durch positiv ermessenslenkende Erlasse auf die Nutzung bestehender rechtlicher Spielräume im Sinne der Betroffenen hinzuwirken und zu einer einheitlichen Rechtsanwendung in den Kommunen NRWs beizutragen. Dringend notwendig ist ein solcher Erlass beispielsweise hinsichtlich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz, die auch bei feststellbarer Verwurzelung im Sinne von Art. 8 EMRK nur selten durch die kommunalen Ausländerbehörden erteilt wird.