| Presseerklärungen des FRNRW Fehlgeburt nach versuchter Abschiebung
Pressemitteilung des Flüchtlingsrats NRW vom 29. Juni 2015:
In Monheim am Rhein löste eine versuchte Abschiebung bei einer schwangeren, in Deutschland geduldeten Frau aus Serbien eine Fehlgeburt aus. Die Betroffene hatte die aufsichtsführenden Beamten und den begleitenden Arzt mehrmals darauf hingewiesen, dass bei ihr eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Dies wurde jedoch ignoriert. Der Flüchtlingsrat NRW e.V. kritisiert eine solch rücksichtslose und fahrlässige Abschiebungspraxis und fordert die Klärung des Vorfalls.
Die fehlende medizinische Fürsorge, die dieser Fall dokumentiert, macht die eklatanten Mängel in der gängigen Abschiebungspraxis und den fehlenden Respekt im Umgang mit Geduldeten in Deutschland deutlich. Die Serbin, Angehörige der Minderheit der Roma, hatte des Öfteren versucht, auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit aufmerksam zu machen. Als weder die Beamten, noch der Arzt auf den Hinweis der Schwangeren reagierten, geriet die Frau in Panik - mit dramatischen Folgen. Die durch die Strapazen ausgelöste Fehlgeburt hätte bei Rücksichtnahme auf die Situation der Betroffenen und bei frühzeitigem Abbruch der Abschiebungsmaßnahme vielleicht verhindert werden können. Das Erlebte führte bei der Serbin zu einer schweren Traumatisierung.
„Die Einwände gegen die Abschiebung hätten in dem vorliegenden Fall auch auf Grund der geltenden Gesetzeslage berücksichtigt werden müssen. Wir fordern daher die Behörden des Kreises Mettmann auf, diesen Vorfall umgehend zu prüfen und die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Rechenschaft zu ziehen“, erläutert Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates NRW e.V. „An der Abschiebungspraxis in Deutschland muss sich dringend etwas ändern. Abschiebungen werden meist nicht angekündigt und finden in den frühen Morgenstunden statt. Allein diese Tatsache löst bei von Abschiebung bedrohten Personen eine ständige Alarmbereitschaft und enormen Stress aus“, so Naujoks weiter.
Ein Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW aus dem letzten Jahr stellt klar, dass Angehörige der Minderheit der Roma nur nach sorgfältiger Einzelfallprüfung abgeschoben werden dürfen. Die Risikoschwangerschaft der Serbin wäre daher ein eindeutiger Fall gewesen, in dem von der Abschiebung hätte abgesehen werden müssen. Doch erst ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf konnte die Abschiebung in letzter Minute verhindern.
Nur wenige Wochen nach der versuchten Abschiebung, die die Fehlgeburt zur Folge hatte, erhielt die Betroffene einen Brief, in dem sie mit der perfiden Begründung, dass die Schwangerschaft beendet sei und damit auch der Duldungsgrund in Deutschland entfalle, erneut aufgefordert wurde, auszureisen. „Das Schreiben verdeutlicht die Haltung der Behörde, die neben der rechtswidrigen Gesetzesanwendung auch noch jede Menschlichkeit vermissen lässt.“ konstatiert Birgit Naujoks abschließend.
Der Flüchtlingsrat NRW fordert die gängige Abschiebungspraxis grundsätzlich zu überdenken und die geltende Gesetzeslage unter Berücksichtigung aller humanitären Aspekte, insbesondere bei besonders Schutzbedürftigen Personen, anzuwenden.