| Newsletter Newsletter Mai 2023
Liebe Leserinnen und Leser!
Am 26.05.2023 jährt sich zum 30. Mal die einschneidende Grundgesetzänderung hinsichtlich des Grundrechts auf Asyl. Ausgelöst durch die in den 90er Jahren steigenden Zahlen Schutzsuchender aus dem ehemaligen Jugoslawien wurde mit Art. 16a GG eine Beschränkung des politischen Asyls eingeführt, so dass dieses nicht länger für Personen gilt, die über einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) oder einem Drittstaat kommen, in dem die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) oder die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) Anwendung finden. Eingeführt wurden zudem Verschärfungen des Verfahrens- und Sozialrechts, wie etwa die Einführung des Konstrukts der „sicheren Herkunftsländer“, beschleunigte Verfahren für Asylsuchende direkt am Flughafen sowie mit dem am 01.11.1993 in Kraft getretenen Asylbewerberleistungsgesetz eingeschränkte Sozialleistungen für Schutzsuchende. Volker Maria Hügel, zu dieser Zeit Sprecher des Flüchtlingsrats NRW, sagte in einer Rede am 26.05.1993 auf einer Demonstration gegen die GG-Änderung in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn: „Seit langem leben Flüchtlinge in Deutschland mit der an ihnen praktizierten Abschreckung. Auf ihrem Rücken wird der Streit um die Begrenzung des Zuzuges weiterer Flüchtlinge ausgetragen. Gebetsmühlenhaft wiederholen Flüchtlingsinitiativen, Kirchen und Wohlfahrtsverbände die gesicherte Erkenntnis, dass diese Abschreckungspolitik zutiefst inhuman ist und nicht einmal die vorgeblichen Effekte durch sie erzielt werden. Die Vergangenheit hat bereits gezeigt, dass trotz immer weiter verschärfter Abschreckung die Zahl der Flüchtlinge zunahm, denn Flucht basiert auf dem Pusheffekt, sie werden vertrieben und nicht durch Sozialhilfe angelockt; und so widersinnig das erscheint: diese Abschreckung ist zudem erheblich teurer als z.B. dezentrale Unterbringung und Auszahlung von Sozialhilfe in bar.“ Gleichwohl reagiert die Politik bei steigenden Asylantragszahlen immer wieder mit Abschottungs- und Abschreckungsmaßnahmen, wie stärkerem Grenzschutz oder asyl- und sozialrechtlichen Einschränkungen. Dies zeigt aktuell der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 10.05.2023.
Zum Tag der Arbeit am 01.05.2023 haben wir als Flüchtlingsrat NRW in einer Pressemitteilung vom 27.04.2023 außerdem zu sozialer Gerechtigkeit und einem Recht auf Arbeit für Alle aufgerufen. Denn unter anderem für Schutzsuchende, die sich im Asylverfahren befinden oder eine Duldung besitzen, gelten Einschränkungen, wie Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Arbeitsverbote oder der Zwang zu „Arbeitsgelegenheiten“ für 80 Cent pro Stunde. Wir fordern sowohl die Abschaffung von Arbeitsverboten als auch des Asylbewerberleistungsgesetzes.