| Aktuell, Presseerklärungen des FRNRW Mehr als 50 Organisationen fordern Pflichtanwälte für Menschen in Abschiebehaft

Bochum, 12.10.2022
Pressemitteilung 15/2022

Gesetzeslücke endlich schließen: Menschen in Abschiebehaft brauchen einen Pflichtanwalt!

Mehr als 50 Organisationen fordern den Bundestag sowie die Bundesminister*innen Nancy Faeser, Dr. Marco Buschmann und Lisa Paus auf, Menschen, die sich in Abschiebehaft befinden, Anwält*innen zur Seite zu stellen und das gesetzlich vorzuschreiben. Dass dies bislang nicht verpflichtend ist, sei „eines Rechtsstaates unwürdig“, so die Unterzeichner eines Positionspapiers.

Immer wieder landen in Deutschland Menschen in Abschiebehaft und werden somit ihrer Freiheit beraubt, ohne dass sie sich dagegen wehren können. Mehr als fünfzig Organisationen aus dem gesamten Bundesgebiet kritisieren diese Praxis in einem Positionspapier scharf. Sie fordern das Bundesinnenministerium, das Bundesjustizministerium, das Bundesfamilienministerium sowie Mitglieder ausgewählter Bundestagsausschüsse auf, analog zur Pflichtverteidigung im Strafprozess auch eine Pflichtbeiordnung von Anwält*innen in Verfahren zur Anordnung von Abschiebungshaft gesetzlich einzuführen. Eine entsprechende Möglichkeit bietet das angekündigte neue Gesetzespaket zum Migrationsrecht. Der Flüchtlingsrat NRW hat zudem die nordrhein-westfälische Flüchtlingsministerin Josefine Paul aufgefordert, entsprechend in Richtung des Bundes tätig zu werden.

Zu den Unterzeichnern gehören neben dem Flüchtlingsrat NRW unter anderem PRO ASYL, Amnesty International, Diakonie, Caritas, Jesuiten-Flüchtlingsdienst, terre des hommes, der Deutsche Anwaltverein, der Republikanische Anwaltverein und die Neue Richtervereinigung.

Menschen werden inhaftiert, ohne dass sie eine Straftat begangen haben

In der Abschiebungshaft wird einer Person die Freiheit entzogen, ohne dass sie eine Straftat begangen hat. Die Haft sichert lediglich die Abschiebung, also den Vollzug eines Verwaltungsaktes. Abschiebungshaft löst großes Leid aus: Je länger die Menschen sich in einem solchen Gewahrsam befinden, umso größer wird der seelische und körperliche Schaden. Sind Kinder involviert, weil etwa der Vater oder die Mutter in Abschiebungshaft genommen wurde, kann dies zudem langfristige Folgen für das körperliche und seelische Wohl der Kinder bedeuten.

Mit diesem Freiheitsentzug wird also massiv in die Grundrechte der betroffenen Person eingegriffen. In unserem Rechtsstaat werden deshalb an einen Haftbeschluss hohe formale und inhaltliche Anforderungen gestellt. Diesen Anforderungen wird die Praxis in der Abschiebungshaft häufig nicht gerecht; valide Schätzungen gehen von rund fünfzig Prozent fehlerhaften Inhaftierungen aus. Bei einer derart hohen Fehlerquote drohen rechtsstaatliche Grundsätze ihre generelle Gültigkeit zu verlieren. Eine Ursache für die Fehlerquote ist, dass Betroffene, die oftmals mittellos sind und denen es an System- und Sprachkenntnissen fehlt, ohne professionellen Beistand vor Gericht keine Chance haben, ihre Grundrechte zu verteidigen. „Die Freiheitsentziehung stellt das schärfste Schwert unseres Rechtssystems dar“, fassen die Unterzeichner zusammen. Um den Rechtsstaat durchzusetzen und das Leid der Betroffenen zu mindern, braucht es deshalb eine Pflichtbeiordnung von Anwält*innen.

 

Für Rückfragen stehen wir unter der angegebenen Telefonnummer zur Verfügung.
Birgit Naujoks, Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V.

 

Die Pressemitteilung finden Sie hier auch als PDF-Datei.

 

Zurück zu "Presseerklärungen"

Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit. Diese finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand September 2024, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

Mehr dazu

Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

Gefördert u.a. durch: