| Aktuell, Presseerklärungen des FRNRW Zum internationalen Tag für Toleranz: Passbeschaffung muss zumutbar sein
Bochum, 16.11.2022
Pressemitteilung 19/2022
Zum internationalen Tag für Toleranz: Passbeschaffung muss zumutbar sein
Anlässlich des heutigen Tags für Toleranz lenkt der Flüchtlingsrat NRW die Aufmerksamkeit auf die erheblichen Schwierigkeiten, denen Schutzsuchende bei der Passbeschaffung begegnen, und fordert entsprechende Veränderungen.
Menschen mit einer Duldung, beispielsweise nach abgelehntem Asylantrag, werden regelmäßig und mit großem Nachdruck zur Passbeschaffung aufgefordert. Aus behördlicher Sicht wird unterstellt, dass sie keiner staatlichen Verfolgung unterliegen und sich daher ohne Vorbehalt an die Auslandsvertretungen ihres Herkunftslandes wenden können.
„Das ist aber nicht der Fall“, kritisiert Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW. „Die Passbeschaffung stellt häufig einen stark herausfordernden Prozess dar, etwa weil im Herkunftsland kein verlässliches Registrierungssystem existiert und daher beispielsweise Anwältinnen eingeschaltet oder Mehrfachbeglaubigungen vorgenommen werden müssen. Zudem verlangen manche Staaten Zugeständnisse, die den persönlichen Überzeugungen und Interessen der Flüchtlinge eindeutig entgegenlaufen, wie zum Beispiel die vom Iran geforderte Freiwilligkeitserklärung zur Rückkehr.“
Ebenso verhält es sich mit der von Eritrea verlangten Reueerklärung. Diese hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11.10.2022 (BVerwG 1 C 9.21) nun jedoch für unzumutbar erklärt. Mitunter ist die Beschaffung von Pässen auch faktisch unmöglich: So verkündete die Botschaft Afghanistans in einer Verbalnote vom 10.01.2022 und erneut in einer Verbalnote vom 26.07.2022, dass keine neuen Reisepässe ausgestellt werden könnten. Das MKJFGFI NRW gab am 19.09.2022 entsprechend einen Erlass heraus, der die Unzumutbarkeit der Beschaffung afghanischer Pässe anerkennt und daher die Ausstellung eines Ausweisersatzes oder eines Reiseausweises für Ausländer vorsieht.
„Der Erlass des MKJFGFI reagiert zwar mit großer Verzögerung, jedoch mit einem richtigen Schritt auf eine schon lange bekannte Problemlage“, so Birgit Naujoks. „Die nordrhein-westfälische Landesregierung ist angehalten, häufiger von Erlassen dieser Art Gebrauch zu machen, damit die Ausländerbehörden Schutzsuchenden nicht über lange Zeit hinweg unerfüllbare Vorgaben machen. Dies stellt unnötigen Aufwand für alle Beteiligten dar und kann unter anderem dazu führen, den Weg in einen gesicherten Aufenthalt zu verhindern.“
Aufgrund politischer und rechtlicher Verschärfungen der letzten Jahre ist der Umgang mit Flüchtlingen zunehmend an die Frage geknüpft worden, ob sie einen Pass vorweisen können. Der Flüchtlingsrat NRW fordert stattdessen, den Blick darauf zu richten, ob und unter welchen Umständen überhaupt ein Pass beschafft werden kann, und die gesetzlichen Regelungen und die Praxis bei den Ausländerbehörden entsprechend anzupassen.
Für Rückfragen stehen wir unter der angegebenen Telefonnummer zur Verfügung.
Fabian Bonberg, Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V.
Die Pressemitteilung finden Sie hier auch als PDF-Datei.