| LSBTIQ, Materialien, Wissenswertes, Rechtliches Anwendung des ‚Diskretionsgebots‘ durch das BAMF

Update vom 13.01.2023

Am 13.01.2023 berichteten verschiedene Medien wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung und die Zeit, dass der schwule Aktivist aus Algerien nach einer erneuten Anhörung vom BAMF als Flüchtling anerkannt worden sei (zuvor in den Updates vom 16.08. und 23.08.2022). Die neue Entscheidung sei auf die Dienstanweisung des BMI an das BAMF vom 30.09.2022 zurückzuführen.
Einen Videobeitrag vom 13.01.2023 des Hessischen Rundfunks über den konkreten Fall finden Sie in der ARD-Mediathek.

 

Update vom 30.09.2022

In einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums (BMI) vom 30.09.2022 heißt es, dass queeren Flüchtlingen zukünftig ein besserer Schutz zustehe.
Der neue Maßstab bei der Prüfung von Asylanträgen von queeren Flüchtlingen müsse die Annahme sein, dass jede LSBTIQ-Person ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität offen lebt. Laut der neuen Dienstanweisung an das BAMF sei keine Verhaltensprognose mehr vorgesehen. Ein „diskretes Leben“ dürfe demnach nicht länger eine Abschiebung rechtfertigen.
Die Pressemitteilung des BMI können Sie hier einsehen. Auch auf siegessaeule.de wird darüber berichtet.

Bereits zuvor wurde das „Diskretionsgebot“ durch mehrere Verwaltungsgerichte für unzulässig erklärt (siehe Update vom 08.08.2022).

 

Update vom 31.08.2022

In einem Videobeitrag von WDRforyou vom 18.08.2022 wird ein homosexueller Asylsuchender aus Pakistan interviewt. Trotz der Gefahr, welcher er in Pakistan aufgrund seiner sexuellen Orientierung ausgesetzt wäre, sei sein Asylantrag abgelehnt worden. Die Entscheidung des BAMF beruhe auf dem „Diskretionsgebot“ und werde u.a. von den Organisationen Rosa Strippe und Queer Refugees Deutschland kritisiert.

 

Update vom 23.08.2022

Laut eines Artikels vom 23.08.2022 auf Queer.de ist die Klage auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens des Asylsuchenden aus Algerien durch das Verwaltungsgericht Frankfurt abgewiesen worden. Damit bleibt die Abschiebungsandrohung nach Algerien bestehen.

 

Update vom 16.08.2022

In einer Pressemitteilung vom 15.08.2022 informierte der LSVD über die Anwendung des „Diskretionsgebots“ im Asylverfahren eines LSBTIQ-Aktivisten, der seit 2019 versuche, in Deutschland Schutz vor queerfeindlicher Verfolgung durch den algerischen Staat zu erhalten. Am 16.08.2022 sei in diesem Fall zum zweiten Mal vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt verhandelt worden.
In einem Artikel vom 16.08.2022 gab die TAZ den Ablauf des Gerichtsprozesses wieder. Demnach halte der Richter sein erstes Urteil, mit dem er die Klage wegen mangelnder Verfolgungswahrscheinlichkeit für LSBTIQ durch den algerischen Staat abgewiesen habe. Es sei dem Kläger zuzumuten, dass dieser seine sexuelle Orientierung in Algerien versteckt halte. Das Urteil werde innerhalb von zwei Wochen erwartet.

 

Empfehlung: In einem Podcast von MigraTon vom 03.08.2022 werden Lilith Raza (Projektmanagerin LSVD) und Patrick Dörr (Bundesvorstand LSVD) zum „Diskretionsgebot“ interviewt. Die Folge kann hier gehört werden.

 

Update vom 08.08.2022

In einer Pressemitteilung vom 08.08.2022 informierte der LSVD darüber, dass in Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Bremen und Würzburg das sogenannte „Diskretionsgebot für unzulässig erklärt wurde. Nach Braunschweig und Leipzig hätten damit nun auch diese beiden Verwaltungsgerichte bestätigt, dass das Vorgehen des BAMF eine europarechtswidrige und menschenverachtenden Praxis darstelle.
Die Kritik an der Entscheidungspraxis werde nun auch aus Richtung der Regierungsfraktionen lauter.

Die Urteile:


Update vom 23.06.2022

Aus einem Artikel des Spiegels vom 17.06.2022 geht hervor, dass die Anwendung des "Diskretionsgebots" in einem internen Arbeitspaper der SPD als "absolut menschenverachtend" bezeichnet worden sei und weiter "ersatzlos gestrichen werden müsse". Bereits im Koalisationsvertrag habe die Ampel-Regierung angekündigt, den Umgang mit queeren Flüchtlingen zu überprüfen. Bisher aber stelle sich das Innenministerium hinter die Entscheidungspraxis des BAMFs und rechtfertige zynisch die Praxis, heißt es in einem Artikel auf Queer.de vom 23.06.2022.

 

Update vom 23.05.2022

Der LSVD berichtet in einer Pressemitteilung vom 23.05.2022 über die erneute Anwendung des Diskretionsgebots durch das BAMF. Dem LSVD lägen mittlerweile zahlreiche Ablehnungsbescheide vor, denen die Verhaltensprognose zu Grunde liegt und demnach zugemutet werde, dass ein lebenslanges und lebensgefährliches Doppelleben geführt werden muss. Der aktuelle Fall eines schwulen Pakistanis stehe beispielhaft für die internen, europarechtswidrige Leitlinien des BAMFs, die dazu führe, dass die Asylanträge von queeren Flüchtlinge selbst aus den schlimmsten Verfolgerstaaten wie beispielsweise Pakistan oder Iran abgelehnt werden.

 

05.04.2022

Der LSVD kritisiert in einer Pressemitteilung vom 05.04.2022 die "europarechtswidrige Abschiebung“ eines schwulen Asylsuchenden mittels Anwendung des ‚Diskretionsgebots‘ durch das BAMF. Dem Abgeschobenen drohe die Todesstrafe in seinem Herkunftsland.

Die Anwendung des ‚Diskretionsgebots‘ wurde bereits 2013 durch das EUGH für unzulässig erklärt. Demnach ist es unrechtmäßig, von LSBTIQ zu erwarten, ihre sexuelle Orientierung ‚diskret‘ auszuleben, um Verfolgung zu entgehen.
Trotz des Urteils findet das Gebot immer wieder Anwendung. Der LSVD kritisiert, dass das BAMF und viele Verwaltungsgerichte die Vorgaben des höchsten EU-Gerichts unterlaufen, da es ihnen ein Anliegen sei, LSBTIQ in Verfolgerstaaten abschieben zu können.

Die Pressemitteilung des LSVD sowie die ausführliche Dokumentation des Falles finden Sie hier.
Weitere Informationen zur kürzlichen Anwendung des ‚Diskretionsgebots‘ finden Sie hier.

 

 

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Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit. Diese finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand Dezember 2024, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

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Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

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