| Familienzusammenführung BVerwG: Trotz Aussetzung des Familiennachzugs kein zusätzliches nationales Abschiebungsverbot für subsidiär Schutzberechtigte möglich

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgericht vom 19. April 2018:

Einem Ausländer, dem bestandskräftig subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, fehlt auch nach der Aussetzung des Familiennachzuges für diesen Personenkreis das Rechtsschutzbedürfnis für eine auf die zusätzliche Feststellung der Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbotes gerichtete Klage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute auf eine von den Klägern im Dezember 2017 erhobene Sprungrevision entschieden.

Die Kläger, eine Mutter und ihr Sohn, sind eritreische Staatsangehörige. Der Ehemann der Klägerin war vom Nationaldienst in Eritrea desertiert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkannte den Klägern subsidiären Schutz zu. Im Übrigen lehnte es ihre Asylanträge ab. Von Feststellungen zu Abschiebungsverboten sah es ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gerichtete Klage abgewiesen. Zwar habe der Klägerin im Zeitpunkt des Verlassens ihres Heimatlandes jederzeit die außergerichtliche und willkürliche Inhaftierung durch den eritreischen Staat gedroht, die ihr auch im Falle einer Rückkehr nach Eritrea drohe. Eine solche Inhaftierung knüpfe indes nicht an einen Verfolgungsgrund an, insbesondere nicht an eine ihr zugeschriebene politische Überzeugung oder an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, das Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots bezüglich Eritreas festzustellen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sprungrevision zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat die von ihm zur Verfolgungslage und -motivation festgestellten Tatsachen für das Bundesverwaltungsgericht bindend ohne Verstoß gegen Bundesrecht dahin bewertet, dass die drohenden Maßnahmen nicht an einen Verfolgungsgrund anknüpfen. Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist unter anderem die Würdigung der Vorinstanz, es sei unter Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der eritreische Staat sämtlichen Deserteuren und Verweigerern des Nationaldienstes sowie deren Familienangehörigen ohne weitere Anhaltspunkte eine gegnerische politische Überzeugung zuschreibe und sie deswegen zu bestrafen suche. Die ihr als Ehefrau eines Deserteurs drohende Inhaftierung erfolgt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch nicht wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, etwa der Familie eines Deserteurs.

Soweit die Klägerin hilfsweise die Verpflichtung der beklagten Bundesrepublik begehrt, in Bezug auf ihre Person ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) i.V.m. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention festzustellen, fehlt der Klage das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Eine entsprechende Feststellung könnte ihre Rechtsstellung im Hinblick auf die bestandskräftige Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht verbessern, weil sie ihr keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil verschaffte. Die zusätzliche Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes eröffnete insbesondere ihrem Ehemann nicht die Möglichkeit eines Familiennachzuges. § 104 Abs. 13 Satz 1 AufenthG, der derzeit den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG erteilt worden ist, grundsätzlich ausschließt, sperrt im Ergebnis auch den Familiennachzug zu Inhabern einer im Einzelfall etwa zusätzlich zu erteilenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.

Urteil vom 19. April 2018 - BVerwG 1 C 29.17 -

Vorinstanz:

VG Berlin, 28 K 166.17 A - Urteil vom 01. September 2017 -

Quelle: http://www.bverwg.de/pm/2018/24

Zurück zu "Artikel"

Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit. Diese finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand September 2024, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

Mehr dazu

Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

Gefördert u.a. durch: