| Aktuell, Presseerklärungen des FRNRW Gemeinsame PM: Am dritten Jahrestag der Machtergreifung der Taliban gilt mehr denn je: Afghanistan ist nicht sicher
Bochum, 14.08.2024
Pressemitteilung 08/2024
Am dritten Jahrestag der Machtergreifung der Taliban gilt mehr denn je: Afghanistan ist nicht sicher
PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern am dritten Jahrestag der Machtübernahme in Afghanistan die Bundesregierung auf, ihr Schutzversprechen zu erfüllen und das Bundesaufnahmeprogramm endlich zu realisieren. Zudem fordern die Organisationen einen bundesweiten Abschiebestopp nach Afghanistan, ein Bleiberecht für geduldete Afghan*innen und die Einstellung jeglicher Kooperationsgespräche mit dem Taliban-Regime zu Rücknahmeabkommen.
Seit der Machtübernahme der Taliban ist die Lage im Land katastrophal und für viele Menschen lebensbedrohlich. Die Taliban haben die Rechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan massiv beschränkt. Angehörige der LGBTIQ*-Communities werden öffentlich ausgepeitscht, im ganzen Land herrscht ein brutales Strafsystem. Taliban verschleppen, inhaftieren, vergewaltigen und bedrohen Menschen, die für die internationalen Kräfte gearbeitet haben. Durch die humanitäre Krise in Afghanistan sind zudem Millionen von Kindern von schwerer Unterernährung und lebensgefährlichen Krankheiten bedroht.
Hochproblematische Entscheidungspraxis im Asylverfahren
Obwohl die menschenrechtliche und humanitäre Katastrophe in Afghanistan dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bekannt ist, gibt es zunehmend mehr Ablehnungen von Asylanträgen afghanischer Geflüchteter. Das BAMF sieht zum Beispiel auch bei vorheriger Arbeit für die ehemalige afghanische Regierung nicht unbedingt eine Gefahr für die Betroffenen, selbst wenn Kolleg*innen verschleppt oder getötet wurden.
Zudem prüft das Bundesinnenministerium, nach Forderungen von Bund und Ländern, die Möglichkeit der Abschiebungen nach Afghanistan und führt konkrete Gespräche zum Beispiel mit Usbekistan, einem direkten Nachbarstaat, und auch mit den Taliban selbst.
„Abschiebungen nach Afghanistan bedeuten zwangsläufig eine Kooperation mit den Taliban, die Menschen-, Frauen- und Kinderrechte mit Füßen treten, foltern, vergewaltigen und morden. Kriminellen Regimen wie den Taliban darf man nicht die Hand reichen, sie anerkennen oder mit ihnen zusammenarbeiten. Das widerspricht allen Grundprinzipien des Rechtsstaats und ist ein unumkehrbarer Tabubruch“, so Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern einen bundesweiten Abschiebestopp nach Afghanistan und ein Bleiberecht für geduldete Afghan*innen.
Bundesaufnahmeprogramm vor dem Aus
Obwohl die Lage eindeutig ist und Deutschland Schutz für gefährdete Afghan*innen versprochen hat, steht das Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghan*innen nur drei Jahre nach dem chaotischen Abzug der internationalen Streitkräfte im Sommer 2021 vor dem Aus. Dies ist im aktuellen Haushaltsplan der Regierung erkennbar. Gerade jetzt wird dieser Schutz jedoch dringend benötigt, da die Taliban Kabul vor drei Jahren blitzartig zurückerobert haben und viele gefährdete Personen weiterhin in Gefahr sind.
Für PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte steht diese katastrophale Entwicklung des Bundesaufnahmeprogramms auch im Zusammenhang mit den flüchtlingsfeindlichen Debatten der letzten Monate.
„Es kann nicht sein, dass ein von rechts getriebener Diskurs dazu führt, dass die Bundesregierung Verbündete im Stich lässt. Dies ist nicht nur fatal für die bedrohten Menschen, sondern macht auch deutsche Außenpolitik vor der Welt unglaubwürdig“, so Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat e.V.
PRO ASYL, Flüchtlingsräte und viele weitere Organisationen fordern in einem gemeinsamen Statement den Erhalt und die tatsächliche Realisierung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan und die Einhaltung der Schutzversprechen Deutschlands.
Für eventuelle Rückfragen stehen wir unter der angegebenen Telefonnummer zur Verfügung.
Birgit Naujoks, Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V.
Die Pressemitteilung finden Sie hier auch als PDF-Datei.