| Asylbewerberleistungen und Sozialleistungen Gutachten: Gutscheine als Sanktionsinstrumente im Asylbewerberleistungsgesetz
Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt veröffentlichte ein Gutachten zu Gutscheinen als Sanktionsinstrument im AsylbLG, welches von Dr. Simone Emmert und RA & Dipl.Iur. Oliver Wolf verfasst wurde.
Das deutsche Migrationsrecht kennt eine Fülle von Regelungen, welche an die Erfüllung sog. Mitwirkungspflichten von Ausländer*innen im aufenthalts- und asylrechtlichen Verfahren anknüpfen. Mit diesen Verpflichtungen und insbesondere deren (Nicht-)Erfüllung verbindet das deutsche Recht negative Rechtsfolgen, wie etwa die Einschränkung von Sozialleistungen,
und hier insbesondere die zunehmend auf kommunaler Ebene auftretende Verwaltungspraxis der Ausgabe von (Lebensmittel-)Wertgutscheinen durch die zuständigen Behörden (Sozialämter/Ausländerbehörden). Das Gutachten „Lebensmittelgutscheine als Sanktionsinstrument im AsylbLG“ widmet sich der Frage der Rechtmäßigkeit der Gutscheinvergabe als Sanktion.
Das Gutachten stellt fest, dass das Sachleistungsprinzip und die Praxis der Wertgutscheine die Freiheit und Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränkt. Es wird nachweislich ein Unterschied zwischen den Bürger*innen mit deutscher Staatsangehörigkeit und Asylbewerber*innen, beziehungsweise Geduldeten gemacht. Dies wiederum ist mit Verweis auf das Urteil vom Bundesverfassungsgericht und dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG nicht haltbar.
Die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen als Sanktionierungsinstrument ist formell rechtswidrig und damit nicht verfassungsgemäß, da es weder eine bundes- noch landesgesetzliche Eingriffsgrundlage für die Ausgabe von Wertgutscheinen als asylbewerberleistungsrechtliche Anspruchseinschränkung gibt. Außerdem ist mit der Verwaltungspraxis regelmäßig auch ein nicht zu rechtfertigenden Grundrechtseingriff verbunden (allgemeine Handlungsfreiheit, Menschenwürde und allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 1-3 GG), und ist dadurch auch materiell rechtswidrig.