| Abschiebungshaft EuGH: Rechtswidrige Abschiebehaft
In einem Vorabentscheidungsersuchen am Europäischen Gerichtshof schlussfolgerte Generalanwalt Jean Richard de la Tour am 25. November 2021 (Az.: C‑519/20), dass die Inhaftierungen von abzuschiebenden Drittstaatsangehörigen in gewöhnlichen Haftanstalten rechtswidrig sei.
Im Falle eines Pakistani, bei welchem sich Deutschland auf eine Notlage im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments beruft, nach der Drittstaatsangehörige für die Zwecke ihrer Abschiebung in speziellen Hafteinrichtungen untergebracht werden, wurde der betroffene Mann in der Justizvollzugsanstalt Hannover inhaftiert. Jean Richard de la Tour zufolge bestehen die Voraussetzungen für eine solche Notlage nicht.
Die Schlussanträge des Generalanwalts finden Sie hier.
Update:
Nun erklärte das EuGH in einem Urteil vom 10.03.2022 (Az.: C-519/20) Bedingungen, unter denen Abschiebehäftlinge unterzubringen sind.
So müssen die in einer „spezielle Hafteinrichtung“ geltenden Haftbedingungen so gestaltet sein, dass mit ihnen so weit wie möglich verhindert wird, dass die Unterbringung des Drittstaatsangehörigen einer Inhaftierung in einer Gefängnisumgebung gleichkommt, wie sie für eine Strafhaft kennzeichnend ist.
Eine getrennte Unterbringung der Abschiebungsgefangenen von Strafgefangenen innerhalb von Haftanstalten ist weiterhin vorgeschrieben. Art. 18 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie eröffnet für Notlagen die Möglichkeit, vom Trennungsgebot abzuweichen. Dies sei jedoch nur in unvorhersehbaren Notlagen und nur für den Zeitraum, solange diese außergewöhnliche Situation anhält, gegeben. Der EuGH stellt Kriterien auf, die bei der Prüfung einer Notlage zu beachten sind.
Das EuGH-Urteil finden Sie hier.