| Freiwillige Ausreise Auf die harte Tour: »Freiwillig« ist nicht gleich »Freiwillig«
PRO ASYL e.V. informiert über eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Frage vermeintlich "freiwilliger" Rückkehr und der Verantwortung für die ggf. dramatischen Folgen im Einzelfall:
Nach seiner »freiwilligen Rückkehr« wird ein Iraker erschossen. Die Todesgefahr hatte Finnland im Asylverfahren nicht erkannt. Damit stand der Mann vor der Wahl: Entweder er geht, oder er wird abgeschoben. Deswegen sei die Rückkehr nicht freiwillig und Finnland verantwortlich, urteilte der EGMR. Auf diese Art der Rückkehr setzt auch Deutschland.
Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geklagt hatte die Tochter. Der Asylantrag ihres Vaters, ein sunnitischer Iraker, war trotz Berichten von religiösem Konflikt am Arbeitsplatz, zwei Anschlägen auf sein Leben und der versuchten Entführung der Tochter selbst abgelehnt worden. Die Ereignisse wurden zwar nicht bestritten, jedoch wurde der Konflikt als privater Streit und der Rest als Resultat der Sicherheitslage im Irak bewertet. Auch die finnische Berufungsinstanz bestätigte die Ablehnung. Ein folgenschwerer Fehler.
Statt auf seine Abschiebung zu warten, unterschrieb der Vater eine »Freiwilligkeitserklärung« und verließ mit Unterstützung der IOM Finnland Ende November 2017. Einen Monat später war er tot. Erschossen, drei Schüssen auf offener Straße.
Die finnische Regierung bestritt überhaupt zur Verantwortung gezogen werden zu können – schließlich hätte er einen Haftungsausschluss im Rahmen der »freiwilligen Rückkehr« unterschrieben. Ein Staat kann nur für Menschenrechtsverletzung verantwortlich sein, so Finnland, wenn die Abschiebung von ihm vollzogen worden wäre.