| Abschiebung Rechtsgutachten: Rückführungen von Gefährdern in Länder mit schlechter Sicherheitslage und Menschenrechtsverletzungen
Rechtsgutachten über die Anforderungen für Rückführungen insbesondere von Gefährdern in Länder mit schlechter Sicherheitslage und verbreiteten Menschenrechtsverletzungen vom Völkerrechtler Prof. Dr. Daniel Thym der Universität Konstanz vom 02. Dezember 2020:
Zusammenfassung
Ein aktueller Lagebericht des Europäischen Asylbüros (EASO) stützt die Annahme, wonach für Syrien eine regional differenzierte Betrachtung angezeigt ist, wie sie schon bisher für den Irak und Afghanistan praktiziert wird. Während einzelne Regionen weiterhin generell unsicher sind, sodass Abschiebungen dorthin allgemeinrechtswidrig wären, soll für Damaskus eine Einzelfallprüfung stattfinden. Politische Unruhen, eine verbreitete Kriminalität, vereinzelte Terroranschläge und massive Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitsbehörden begründen für sich genommen kein generelles Abschiebungsverbot. Allerdings können sich diese Rechtsverletzungen für gefährdete Personengruppen zu einem Abschiebungsverbot verdichten. Nach den Erkenntnissen von EASO gilt dies in Syrien für zahlreiche Personengruppen auch in Gebieten mit weniger willkürlicher Gewalt wie Damaskus. Anders als im Fall des Irak sowie Kabuls wären daher Abschiebungen rechtlich nur in Einzelfällen zulässig, die sorgfältig begründet werden müssten. Besonders schwierig wäre Rückführungen islamistischer Gefährder, denen besonders häufig Folter oder unmenschliche Behandlung drohen; sie dürften daher im Regelfall nur erlaubt sein, wenn die deutschen Behörden verlässliche Zusagen von den jeweiligen Machthabern erhielten. Für besonders schutzbedürftige Personengruppen kann zudem die humanitäre Notlage ein Abschiebungshindernis begründen, obwohl schlechte Lebensbedingungen oder Gesundheitsgefahren normalerweise Rückführungen nicht entgegenstehen.
Das Rechtsgutachten steht hier zum Download bereit.