| Bildung Schule in der Landesaufnahme
Laut Artikel 14 der EU-Aufnahmerichtlinie müssen die Mitgliedsstaaten den minderjährigen Kindern von Asylsuchenden in ähnlicher Weise Zugang zum Bildungssystem ermöglichen wie den eigenen Staatsangehörigen. Der Zugang kann zunächst beschränkt bleiben und der Unterricht in Unterbringungseinrichtungen stattfinden. Der Zugang zum Bildungssystem darf jedoch nicht länger als drei Monate verzögert werden. Auch die UN-Kinderrechtskonvention schreibt ein Recht auf Bildung für alle Kinder fest.
In der Landesverfassung von NRW ist die Schulpflicht festgeschrieben. Näheres zur Schulpflicht regelt das Schulgesetz für das Land NRW in § 34 ff. Die Schulpflicht gilt in NRW für diejenigen Kinder im schulfähigen Alter, die ihren Wohnsitz bzw. ihre Ausbildungsstätte oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in NRW haben. Für Asylsuchende ist dort allerdings festgelegt, dass die Schulpflicht erst beginnt, sobald diese einer Gemeinde zugewiesen wurden (§ 34 Abs. 1 und 6 SchulG).
Seit der Ausweitung der Aufenthaltszeiten in der Landesaufnahme zunächst auf sechs Monate im Herbst 2015 und seit Ende 2018 auf bis zu zwei Jahre (Unterbringung auf Landesebene), werden zunehmend elementare Rechte von Kindern verletzt. Für alle Asylsuchenden ist im Regelfall nun die Unterbringung in Landesaufnahmeeinrichtungen für mindestens sechs Monate vorgesehen.
Eine Beschulung in den Landesunterkünften selbst findet nicht statt. Im Rahmen der Kinderbetreuung und zum Teil in Kursen für ältere Kinder wird in den meisten Unterkünften nur ein Grundwortschatz in Deutsch vermittelt. Diese Kurse sind sehr unterschiedlich organisiert und kaum altersdifferenziert. Konzepte für den Unterricht sind i. d. R. nicht vorhanden. Die Vermittlung weiterer Inhalte neben der deutschen Sprache ist i. d. R. nicht oder nur „nebenbei“ vorgesehen. Auch in Unterkünften bzw. Verbänden, in denen Konzepte entwickelt wurden, wie zum Beispiel in der ZUE Schleiden und für Unterkünfte der Malteser, sind diese mit dem Besuch einer Regelschule nicht vergleichbar.
Wegen der fehlenden Schulpflicht sind Kinder in Landesunterkünften somit über Monate und teilweise über Jahre von Bildungsangeboten ausgeschlossen.
Das Schulrecht, das auch in Aufnahmeeinrichtungen besteht, läuft in den überwiegenden Fällen ins Leere. Grundsätzlich ist es möglich, Kinder aus Aufnahmeeinrichtungen an örtlichen Schulen anzumelden. Über diese Möglichkeit werden die Familien aber i. d. R. nicht informiert. Zudem lehnen die Schulen die Aufnahme regelmäßig mit der Begründung ab, dass sie keine Plätze zur Verfügung haben. Die nicht bestehende Schulpflicht kann auch dazu führen, dass die Kostenerstattung für den Schulbus oder andere Transportmittel verweigert wird. Das Recht auf Schulbesuch könnte eingeklagt werden. Die betroffenen Familien haben aufgrund ihrer unsicheren aufenthaltsrechtlichen Situation jedoch häufig nicht den Mut und nicht die Ressourcen, dies zu tun.
Beispiele von Aufnahmeeinrichtungen, in denen die Anmeldung von Kindern in einer örtlichen Schule gelungen ist, finden Sie hier (Schulbesuch während des Aufenthalts in einer Landeseinrichtung – Beispiele).
Der Flüchtlingsrat NRW fordert, dass alle Kinder im schulpflichtigen Alter ihr Recht auf Bildung in Regelschulen verwirklichen können müssen.
In einer gemeinsamen Kampagne setzen wir uns mit allen Landesflüchtlingsräten, dem BumF e.V. und Jugendliche ohne Grenzen, unterstützt von der GEW und Pro Asyl, für Schule für Alle in Deutschland ein. („Kampagne Schule für Alle“).