| Aktuell, Asylverfahren EuGH-Urteil: Religionswechsel in Asylverfahren darf nicht automatisch als Missbrauch betrachtet werden
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Rechtssache C-222/22 eine Entscheidung getroffen, die die Behandlung von Asylanträgen aufgrund eines Religionswechsels betrifft. Das Urteil befasst sich mit dem Fall eines Iraners, dessen erster Asylantrag in Österreich abgelehnt wurde, der jedoch später einen Folgeantrag stellte, da er angab, zum Christentum konvertiert zu sein und aus diesem Grund Verfolgung in seinem Herkunftsland zu befürchten.
Die österreichischen Behörden hatten dem Iraner zunächst den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, verweigerten jedoch die Flüchtlingseigenschaft, da sie darauf bestanden, dass ein Folgeantrag nur dann erfolgreich sein kann, wenn der neue Umstand eine Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung ist.
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof bat den EuGH um Klarstellung, ob diese Regelung mit der Qualifikationsrichtlinie vereinbar ist. Der EuGH entschied, dass jeder Fall individuell geprüft werden muss und ein Folgeantrag nicht automatisch als Missbrauch angesehen werden darf, wenn er auf Umständen beruht, die der Antragsteller nach Verlassen des Herkunftslandes selbst geschaffen hat.
Das Urteil betont, dass ein Religionswechsel aus innerer Überzeugung erfolgen kann und in solchen Fällen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden muss, sofern die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Es wurde auch klargestellt, dass die Flüchtlingseigenschaft selbst dann erhalten bleibt, wenn eine missbräuchliche Absicht vorliegt, solange die Furcht vor Verfolgung auf legitimen Gründen beruht.
Die Entscheidung des EuGH unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und individuellen Prüfung von Asylanträgen und bestätigt die Notwendigkeit, dass legitime Furcht vor Verfolgung nicht aufgrund von formalen Kriterien negiert werden darf. Sie stellt sicher, dass Asylsuchende, die aus begründeter Angst vor Verfolgung ihren Glauben wechseln, angemessen geschützt werden.
Das dazugehörige Urteil finden Sie hier