| Aufenthaltsgestattung und Duldung Handreichung „Abschiebungen aus der Flüchtlingsunterkunft – Rechtlicher Rahmen und Handlungsmöglichkeiten für die Soziale Arbeit in Hessen"
Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen und der Hessische Flüchtlingsrat haben angesichts der vielen Abschiebungen aus Gemeinschaftsunterkünften und der eingesetzten Gewalt, um diese durchzuführen, eine rechtliche Handreichung veröffentlicht:
Als Dachverbände von in der Flüchtlingsarbeit und in Unterkünften tätigen Organisationen erreichen uns immer wieder Anfragen Haupt- und Ehrenamtlicher, die wissen möchten, wie sie sich verhalten soll(t)en, wenn sie mit Abschiebungen konfrontiert sind. Dabei geht es meist um die zentrale Frage, ob und inwieweit ihrerseits Mitwirkungsverpflichtungen bei behördlichen Abschiebungsmaßnahmen bestehen und wann eine Kooperation abgelehnt werden kann oder sogar muss.
Für die in den Gemeinschaftsunterkünften tätigen Mitarbeiter*innen stellen sich dabei z. B. folgende Fragen: Muss ich die Polizei in die Unterkunft lassen? Bin ich verpflichtet, auf Nachfrage Personen zu identifizieren? Muss ich das Zimmer von Betroffenen aufschließen? Diese und weitere Fragen zeigen deutlich: Flüchtlingssozialarbeit bewegt sich hier in einem Spannungsfeld zwischen menschenrechtsorientierter Anwaltschaft für Schutzsuchende und ordnungspolitischen Ansprüchen zur Vollstreckung einer bestehenden Ausreisepflicht. Widersprüche und Konflikte sind unvermeidbar.
Nach ihrem berufsethischen Selbstverständnis setzt sich Soziale Arbeit stets parteiisch für die Belange der von ihr unterstützten und betreuten Menschen ein. Soziale Arbeit ist daher nicht nur verpflichtet, behördliches Tun kritisch zu hinterfragen. Vielmehr muss sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten intervenieren, sobald staatliche Maßnahmen in die existenziellen Rechte Schutzbedürftiger eingreifen oder diese gar verletzen. Gerade in Abschiebungssituationen sind Mitarbeitende von Flüchtlingsunterkünften einem hohen Druck ausgesetzt, nicht nur fachlich fundiert und selbstbewusst, sondern gleichzeitig handlungs- und rechtssicher auftreten zu können. Aus diesem Erfordernis und dem konkreten Bedürfnis nach rechtlicher Handlungssicherheit ist die vorliegende Handreichung entstanden. Denn Abschiebungen geschehen nicht im rechtsfreien Raum. Das bedeutet, dass Behörden sich an gewisse Regeln halten müssen. Gleichzeitig geben diese Regeln nur einen groben Rahmen vor. Dies führt in der Praxis zu rechtlichen Unschärfen. Schließlich kann das Gesetz nicht jede Einzelfallkonstellation erfassen. Hieraus ergibt sich aber auch ein Spektrum an Handlungsoptionen für Sozialarbeiter*innen.
Die Handreichung dient dazu, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von/in Flüchtlingsunterkünften über die Rechtslage aufzuklären und mögliche Handlungsspielräume in Abschiebungssituationen aufzuzeigen. Ebenfalls soll diese Handreichung Orientierung bieten, damit von Abschiebung bedrohten Menschen bestmöglich unterstützt werden können.