| Aktuell, Asylbewerberleistungen und Sozialleistungen Bezahlkarte in NRW - Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten in der Praxis
Mehrere Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben bereits beschlossen, die Bezahlkarte für Schutzsuchende im Rahmen der sog. Opt-Out-Regelung (vorerst) nicht einzuführen. Eine genaue Übersicht dazu halten wir hier bereit. In anderen Kommunen hingegen wird ab dem zweiten Quartal 2025 die Nutzung der Bezahlkarte beginnen.
Was bedeutet die Einführung der Bezahlkarte für Leistungsempfängerinnen und für Engagierte?
> Für Leistungsempfängerinnen:
Vorgesehene Ausgestaltung (siehe u. a. die Präsentation des MKJFGFI vom 15.01.2025): Die Bezahlkarte - eine Kreditkarte mit Guthabenfunktion (VISA) - wird grundsätzlich an alle volljährigen Empfängerinnen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ausgegeben, ungeachtet dessen, ob sich die Personen im Grundleistungs- oder Analogleistungsbezug befinden und ob sie bereits über ein Girokonto verfügen. Ausgenommen sind lediglich Analogleistungsbeziehende, die sich in Berufsausbildung befinden oder Einnahmen von mehr als zurzeit 556 € (Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Abs. 1a SGB IV) beziehen. Die Erwerbstätigkeit/die Berufsausbildung muss für mindestens drei Monate ausgeübt worden sein/bestanden haben. Leistungen für Minderjährige werden auf die Bezahlkarte eines Elternteils ausgezahlt.
Monatlich sollen pro leistungsberechtigter Person maximal 50 € in bar zur Verfügung stehen. Mit der Bezahlkarte sollen Überweisungen und Lastschriften möglich sein. Ausgeschlossen sind gem. Bezahlkartenverordnung NRW der Einsatz der Bezahlkarte im Ausland und Überweisungen ins Ausland sowie die Verwendung für Glücksspielangebote und sexuelle Dienstleistungen. Hinzu kommt in der Praxis der faktische Ausschluss von Händlerinnen/Geschäften, die keine Zahlung per VISA-Karte akzeptieren.
Offene Fragen: Verschiedene Punkte hinsichtlich der Ausgestaltung und der technischen Umsetzung des Bezahlkartensystems sind bislang ungeklärt. Der Sachstand zu diesen offenen Fragen wird etwa in einer Beschlussvorlage der Stadt Bedburg vom 20.01.2025 dargestellt; u. a. heißt es darin, dass nicht verhindert werden kann, dass das Bargeldlimit in der Praxis durch Geldabhebungen an der Supermarktkasse und durch den Umtausch von gekauften Waren überschritten wird. Noch ist außerdem ungeklärt, ob bei der vorgesehenen Überweisungsfunktion der Karte eine sog. Whitelist (Überweisungswege sind prinzipiell gesperrt, Empfängerinnen werden manuell freigeschaltet) oder eine sog. Blacklist (Überweisungswege sind prinzipiell freigeschaltet, Empfängerinnen werden manuell gesperrt) zum Einsatz kommt.
> Für Engagierte:
Sollte Ihre Kommune auf das Bezahlkarten-System umstellen, können Sie den Auswirkungen der Bargeld-Beschränkung (sofern sich dies nicht durch die o. g. Abhebungen im Supermarkt erübrigt) z. B. vor Ort durch Umtausch-Aktionen begegnen. Dabei werden mit der Bezahlkarte erworbene Gutscheine durch Bargeld eingetauscht (s. die Anleitung der Initiative “Hamburg sagt Nein zur Bezahlkarte”). Eine bundesweite Übersicht lokaler Tauschaktionen findet sich auf der Website der Seebrücke.
Außerdem können Sie Schutzsuchende bei Klageverfahren gegen die mit der Bezahlkarte verbundenen Einschränkungen unterstützen.