| Aktuell, Abschiebung & Ausreise, EU-Flüchtlingspolitik EGMR-Urteile: Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in mehreren Urteilen im September 2024 Verstöße gegen unterschiedliche Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention festgestellt. Die Urteile verdeutlichen die Verpflichtung der Staaten, individuelle Umstände der Betroffenen zu berücksichtigen und deren Rechte auf faire Verfahren und Achtung des Privat- und Familienlebens zu wahren. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der drei Fälle:
1. M.D. und andere gegen Ungarn (Beschwerde-Nr. 60778/19)
Im Fall M.D. und andere gegen Ungarn entschied der EGMR am 19. September 2024, dass Ungarn gegen Artikel 4 Protokoll Nr. 4 der EMRK (Verbot der kollektiven Ausweisung) verstoßen hat, als es versuchte, eine afghanische Familie nach Serbien zurückzuführen. Die sechsköpfige Familie, die 2019 in das ungarische Röszke-Transitlager eingereist war, hatte Asyl beantragt, doch Ungarn wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass Serbien ein „sicherer Drittstaat“ sei. Serbien verweigerte jedoch die Wiedereinreise, woraufhin Ungarn die Rückführung nach Afghanistan plante.
2. Trapitsyna und Isaeva gegen Ungarn (Beschwerde-Nr. 5488/22)
Im Fall Trapitsyna und Isaeva gegen Ungarn stellte der EGMR ebenfalls am 19. September 2024 fest, dass Ungarn gegen Artikel 8 der EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) verstoßen hat. Die russische Staatsangehörige Elena Trapitsyna und ihre Tochter Szofia Isaeva, die in Ungarn lebten, wurden mit der Ausweisung bedroht, nachdem Trapitsyna auf Grundlage geheimer Informationen als Sicherheitsrisiko eingestuft worden war. Die ungarischen Behörden entzogen beiden die Aufenthaltsgenehmigung, ohne den Betroffenen Zugang zu den gegen sie vorliegenden Informationen zu gewähren.
3. P.J. und R.J. gegen die Schweiz (Beschwerde-Nr. 75329/18)
Im Fall P.J. und R.J. gegen die Schweiz entschied der EGMR, dass die Schweiz gegen Artikel 8 der EMRK verstoßen habe, indem sie den bosnischen Staatsangehörigen P.J. nach einer Verurteilung wegen eines Drogendelikts ausgewiesen hatte. P.J., der seit 2013 in der Schweiz mit seiner serbischen Ehefrau R.J. und den beiden gemeinsamen Kindern lebte, war 2018 wegen Kokainhandels zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Trotz seiner erfolgreichen Rehabilitation und eines geringen Rückfallrisikos ordneten die Schweizer Behörden eine fünfjährige Ausweisung an.