| Rechtliches Ergebnisse der Rainbow Map und des Rainbow Index 2020 veröffentlicht
ILGA Europe veröffentlicht die aktuelle Rainbow Map und den Rainbow Index 2020. Darauf zu sehen ist der Stand der LSBTI+ Menschenrechte in Europa, das heißt 49 Länder werden in Bezug auf ihre rechtliche und politische Situation für LGBTI*-Personen bewertet. Die Karte wird jedes Jahr aktualisiert und veröffentlicht.
In diesem Jahr zeigen sich deutliche Bewegungen – allerdings vor allem am unteren Rand: In manchen Ländern werden die Bedingungen für LSBTI* Personen immer schlechter. Rainbow Map 2020 enthüllt, dass einst führende Länder in Europa bei ihren Verpflichtungen zur Gleichberechtigung von LGBTI*-Menschen zurückfallen. Andere Länder – darunter Deutschland – stagnieren auf einem Platz im Mittelfeld.
Die Ergebnisse der diesjährigen Map zeigen, dass wir zu einem entscheidenden Moment für die Menschenrechte von LGBTI* - Menschen in Europa gekommen sind. Der Aufruf, der LGBTI*-Gleichstellung eine hohe politische Priorität einzuräumen, war noch nie so dringlich.
Gleichzeitig sieht ILGA-Europe die in der Karte aufgeführten Rückschritte in manchen Ländern als reale Bedrohung, da die Pandemie von einigen Regierungen als Vorwand benutzt wird, „um ihre Agenda zur Beschneidung der Menschenrechte voranzutreiben“. ILGA-Europe sieht Europa daher an einem wichtigen Punkt: Werden die Menschenrechte von LSBTI* -Personen geschützt und neue Gesetze für Gleichstellung und gegen Diskriminierung verabschiedet? Oder werden diese ausgehöhlt bzw. nicht umgesetzt?
Evelyne Paradis, die Exekutivdirektorin von ILGA-Europe wird in der ILGA-Pressemitteilung zitiert und sagt, dass sich Regierungen von Ländern im Mittelfeld des Index oftmals auf einem durchschnittlichen Niveau ausruhen – aus „einer weit verbreiteten Selbstzufriedenheit über die LSBTI Gleichstellungs-maßnahmen“– obwohl, wie sie sagt, für weitere Maßnahmen sehr wohl gesellschaftliche Unterstützung vorhanden wäre.
Der Jubel über die ausgebauten Rechte für trans* Personen in Ländern wie Island, Spanien, Belgien oder den Niederlanden fällt bei ILGA-Europe klein aus: Einerseits attackieren immer mehr Regierungen die Rechte von trans* Personen (wie beispielsweise in Ungarn oder Polen), gleichzeitig nehmen Angriffe von Regierungsoppositionen wie auch von konservativen Bürger*innen in der gesamten Region zu. Viima Lampinen, Ko-Vorsitzende des ILGA-Europe-Vorstands betont, dass die Sicherheit und das Wohlergehen von trans* Personen in Europa daher „nach wie vor prekär“ sei. „Trans*, inter* und nichtbinäre Personen brauchen Regierungen, die als lautstarke Verbündete auftreten und alle notwendigen Schritte unternehmen, um ihre Rechte in Gesetz und Praxis zu sichern, und die ihre Bedürfnisse auch in ihren COVID-19-Reaktionen berücksichtigen", so Lampinen weiter.
Dazu erklärt Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans*: „Die Rainbow Map 2020 zeigt mit einem Blick, dass die Situation von trans* Personen in Deutschland nicht zufriedenstellend ist. Sie sind regelmäßig Benachteiligung im Alltag ausgesetzt und erfahren überdurchschnittlich häufig Gewalt. Im Recht und im Gesundheitssystem sind Begutachtungen und weitere Diskriminierungen an der Tagesordnung. Wir fordern die längst überfälligen gesetzlichen Neuregelungen, damit geschlechtliche Selbstbestimmung gelebt werden und Deutschland zu Ländern wie Malta oder Belgien aufschließen kann!“.
Der Bundesverband Trans* sieht Deutschland klar in der Rolle eines Landes, das mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Aktuell liegt die Bundesrepublik im europaweiten Vergleich im Mittelfeld: Laut dem Index der Rainbow Map erfüllt Deutschland 51 Prozent der von ILGA aufgestellten Kriterien für eine komplette Gleichstellung von LSBTI* Personen. Deutschland ist damit deutlich von Malta entfernt, das den ersten Platz mit 89 Prozent einnimmt. Der Index misst, zu wie viel Prozent Menschenrechte von LSBTI* Personen eingehalten werden und zu wie viel Prozent Gleichstellung erreicht ist.
Zu den wichtigsten Ergebnissen der Rainbow Map2020 gehören die folgenden Punkte:
- In 49% der untersuchten Länder hat es im vergangenen Jahr keine positive Veränderung gegeben.
- Im zweiten Jahr in Folge bewegen sich Länderauf dem Rainbow Index rückwärts, da bestehende Schutzmaßnahmen abgebaut oder ausgesetzt werden.
- Trans* Rechte sind umkämpft: während in manchen Ländern rechtliche Verbesserungen erreicht wurden, sind in anderen Ländern Rückschritte zu verzeichnen.
- Ein weiterer Fortschritt, wenn auch in geringerem Umfang, besteht in der Einbeziehung von Maßnahmen zum Schutz von inter* Personen vor Diskriminierung und anderen Formen von Gewalt.
- Rückschritte bei LSBTI* Gleichstellung gehen mit einem Angriff auf bürgerliche und politische Rechte einher: LSBTI* Menschenrechtsaktivist*innen werden bedroht, Behörden ergreifen aktive Maßnahmen, um zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine in ihrer Arbeit zu behindern und versuchen, öffentliche Veranstaltungen zu verbieten.
Links:
Zur interaktiven Rainbow Map und zum Rainbow Index mit weiteren Daten und Angaben zu einzelnen Ländern gelangen Sie hier.
Die ausführliche Presseerklärung von ILGA-Europe und weitere Informationen sind hier zu finden.