| Gemeinsames europäisches Asylsystem, International Schutzberechtigte EuGH-Urteil: Anforderungen an Folgeantrag zum internationalen Schutz
Der Europäische Gerichtshof urteilte am 09. September 2021 anlässlich eines österreichischen Falles über die Auslegung von Art. 40 der Richtlinie 2013/32/EU zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (C-18/20):
1. Art. 40 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ist dahin auszulegen, dass die Wendung „neue Elemente oder Erkenntnisse“, die „zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind“, im Sinne dieser Bestimmung sowohl Elemente oder Erkenntnisse, die nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den früheren Antrag auf internationalen Schutz eingetreten sind, als auch Elemente oder Erkenntnisse umfasst, die bereits vor Abschluss dieses Verfahrens existierten, aber vom Antragsteller nicht geltend gemacht wurden.
2. Art. 40 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32 ist dahin auszulegen, dass die Prüfung eines Folgeantrags auf internationalen Schutz in der Sache im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens über den ersten Antrag vorgenommen werden kann, sofern die auf diese Wiederaufnahme anwendbaren Vorschriften mit Kapitel II der Richtlinie 2013/32 im Einklang stehen und für die Stellung dieses Antrags keine Ausschlussfristen gelten.
3. Art. 40 Abs. 4 der Richtlinie 2013/32 ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat, der keine Sondernormen zur Umsetzung dieser Bestimmung erlassen hat, nicht gestattet, in Anwendung der allgemeinen Vorschriften über das nationale Verwaltungsverfahren die Prüfung eines Folgeantrags in der Sache abzulehnen, wenn die neuen Elemente oder Erkenntnisse, auf die dieser Antrag gestützt wird, zur Zeit des Verfahrens über den früheren Antrag existierten und in diesem Verfahren durch Verschulden des Antragstellers nicht vorgebracht wurden.
Eine zusammenfassende Pressemitteilung hinsichtlich des Urteils finden Sie hier.