| Abschiebungshaft EuGH: Keine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in normalen Gefängnissen

Artikel von juraforum vom 17. Juli 2014 zum Urteil des EuGH vom 17. Juli 2014 (Az.: C-473/13, C-514/13 und C-474/13).

"Deutschland darf Abschiebehäftlinge nicht gemeinsam mit Straftätern in regulären Gefängnissen unterbringen. Die Inhaftierung von Abschiebehäftlingen muss grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen erfolgen, und zwar selbst dann, wenn der abzuschiebende Häftling mit der Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt zusammen mit regulären Gefangenen einverstanden ist, urteilte am Donnerstag, 17. Juli 2014, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-473/13, C-514/13 und C-474/13). Andernfalls werde gegen die EU-Rückführungsrichtlinie verstoßen.

Konkret ging es um einen marokkanischen, einen syrischen und einen vietnamesischen Flüchtling, die nach einem illegalen Aufenthalt in Deutschland abgeschoben werden sollten. Sie kamen in Hessen und Bayern in einem gewöhnlichen Gefängnis in Abschiebehaft. Die Vietnamesin hatte einer Unterbringung in einem Gefängnis zugestimmt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe und das Landgericht München I wollten nun vom EuGH wissen, ob es gegen EU-Recht verstößt, wenn Abschiebehäftlinge nicht in gesonderten Einrichtungen untergebracht sind (BGH Az.: V ZB 40/11 und V ZB 144/12 vom 11. Juli 2013, JurAgentur-Meldung vom 26. August 2013).

Laut EU-Recht gilt für Flüchtlinge, die in ihre Heimat abgeschoben werden sollen, ein sogenanntes Abstandsgebot: Soweit möglich sollen sie nicht in regulären Gefängnissen untergebracht werden. Nach der deutschen Übersetzung der entsprechenden Rückführungs-Richtlinie aus 2008 sind Ausnahmen zulässig, wenn das entsprechende Mitgliedsland nicht über gesonderte Einrichtungen für die Flüchtlinge verfügt. Nach verschiedenen anderen Sprachfassungen, etwa der englischen, ist die Unterbringung in Gefängnissen erlaubt, wenn das Land gesonderte Einrichtungen „nicht zur Verfügung stellen kann“.

Wie genau die EU-Richtlinie auszulegen ist, haben in Deutschland die für die Abschiebungshaft zuständigen Bundesländer unterschiedlich bewertet. Nach Angaben der Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl in Frankfurt am Main haben nur sechs der 16 Bundesländer gesonderte Abschiebe-Haftanstalten. In den anderen Bundesländern werden die Flüchtlinge in normalen Gefängnissen untergebracht.

Dort sind laut Pro Asyl die Flüchtlinge unnötigen Sicherheitsvorkehrungen und weiteren Beschränkungen ausgesetzt, wie beispielsweise Handyverbote oder eingeschränkte Besuchszeiten.

Der EuGH stellte nun klar, dass nach der EU-Rückführungsrichtlinie abzuschiebende Ausländer in gesonderten Einrichtungen untergebracht werden müssen, „und zwar unabhängig von der Verwaltungs- oder Verfassungsstruktur des Mitgliedstaats“. Es verstoße gegen EU-Recht, wenn einige Bundesländer entsprechende Einrichtungen nicht bereithalten. Damit müssen die meisten Bundesländer in Deutschland ihr System der Abschiebehaft neu regeln.

Selbst eine Einverständniserklärung des Flüchtlings, während der Abschiebehaft in einem gewöhnlichen Gefängnis untergebracht zu werden, ändere daran nichts. Denn nach EU-Recht gelte „das Gebot der Trennung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger von gewöhnlichen Strafgefangenen ohne Ausnahme und garantiert damit die Wahrung der Rechte der Ausländer im Zusammenhang mit der Haft“, urteilte der EuGH."

Quelle: www.juraforum.de.

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