| Afghanistan Afghanistan: Immer mehr Kinder erkranken an Lungenentzündung
Pressemitteilung von Save the children e.V. vom 31.01.2022:
Immer mehr Kinder in Afghanistan erkranken an einer Lungenentzündung, die ohne medizinische Hilfe lebensgefährlich sein kann. Schon vor der jüngsten Krise waren Lungenentzündungen in Afghanistan für jeden fünften Todesfall bei Kindern unter fünf Jahren verantwortlich. Für Kinder ist es die tödlichste Infektionskrankheit weltweit, besonders wenn ihr Immunsystem durch Unterernährung geschwächt ist.
Save the Children ist mit mobilen Kliniken im Einsatz, um in schwer zugänglichen Gebieten lebenswichtige medizinische Versorgung zu leisten. „Die Fälle von Lungenentzündung nehmen jeden Tag zu und die Zahl der Patienten hat sich in den letzten Monaten verdoppelt oder sogar verdreifacht“, sagt Dr. Sadat*, Teamleiter einer der mobilen Save the Children-Kliniken. „Es ist viel schlimmer als letztes Jahr. Manchmal warten Hunderte Mütter und Kinder auf uns. Den Familien fehlt das Geld für Essen oder um zu heizen. Für unterernährte Kinder ohne Schutz vor Kälte kann eine Lungenentzündung sehr schnell tödlich sein.“
Diese Beobachtung bestätigt ein Mediziner, der in einem Krankenhaus im Norden Afghanistans arbeitet. Noch nie habe er so viele Fälle von Lungenentzündung und schwerer Unterernährung bei Kindern gesehen. Die Kinder liegen zu zweit, zu dritt oder sogar zu viert in einem Krankenbett. Im Dezember seien 135 Kinder im Krankenhaus oder auf dem Weg dorthin gestorben – die meisten von ihnen an einer
Lungenentzündung, 40 an schwerer Unterernährung. Hätten die unterernährten Kinder medizinisch versorgt werden können, hätten sie eine Überlebenschance gehabt.
Einer Save the Children-Umfrage zufolge, hatten im Dezember mehr als die Hälfte (55 Prozent) der befragten Haushalte keine medizinische Versorgung erhalten können. Grund dafür ist der Zusammenbruch des Gesundheitssystems, welcher überwiegend auf eingefrorene Finanz- und Hilfsmittel zurückzuführen ist. Die Hälfte der befragten Eltern berichtete auch, dass ihre Kinder innerhalb der letzten zwei Wochen an einer Lungenentzündung erkrankt waren.
Eines dieser Kinder ist die neunjährige Wazhma*. Das Mädchen lebt mit ihrer Familie in einem Dorf am Stadtrand von Kabul. Dort hat die Mehrheit der Einwohner ihre Arbeit verloren und Eltern verzichten auf Mahlzeiten, um wenigstens ihre Kinder zu ernähren. Wazhma* erkrankte an hohem Fieber und Husten, der ihr das Atmen erschwerte. Ihre Eltern konnten es sich nicht leisten ihre Tochter ins Krankenhaus zu bringen und mussten einen Freund um ein Darlehen bitten. „Wenn er uns das Geld nicht gegeben hätte, hätte Wazhma* bestimmt nicht überlebt“, sagt ihr Vater Samir*. „Sie rang nach Luft, es war beängstigend. Das liegt an den eisigen Temperaturen und daran, dass die Menschen hier ihre Häuser nicht heizen können.“ Wazhma* wurde im Krankenhaus gerettet, anders als viele andere Kinder in Afghanistan.
Afghanistans Wirtschaft befindet sich im freien Fall und mehr als 95 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Kliniken im ganzen Land mussten schließen, weil das Geld fehlte. Save the Children appelliert an die internationale Gemeinschaft, lebenswichtige Gelder freizugeben, um das Gesundheitssystem zu stützen und Leben zu retten.
Im Jahr 2021 wurden in den mobilen Kliniken von Save the Children in Afghanistan fast 375.000 Untersuchungen durchgeführt und mehr als 12.000 Kinder wegen Unterernährung behandelt. Die Kinderrechtsorganisation verteilt als Überlebenshilfe Bargeld, Winterkleidung und Brennstoff an Familien in einigen der am stärksten betroffenen Gebieten.
*Name zum Schutz geändert