| Materialien Dossier zur aktuellen Situation für LSBTIQ in unterschiedlichen Ländern

Das folgende Dossier umreißt beispielhaft die Lage von LSBTIQ in unterschiedlichen Ländern. Es soll zur Einordnung in Bezug auf asylrelevante Entwicklungen die Situation in den jeweiligen Ländern beschreiben.

 

Ägypten:

In Ägypten ist die Situation für LSTBI* kritisch. 95 % der Bevölkerung sind der Meinung, dass Homosexualität nicht akzeptiert werden sollte. Sexualität, die von der Heteronormativität (Naturalisierung der zweigeteilten Geschlechterordnung, bei der Geschlechtsidentität, Geschlechtsrolle und sexuelle Orientierung gleichgesetzt werden) abweicht, wird stark tabuisiert. 

Im Oktober 2017 wurden mindestens 75 Ägypter*innen festgenommen und 31 von ihnen zu Haftstrafen verurteilt wie die Plattform Alsharq berichtete. Grund dafür war eine auf einem Konzert offen gezeigte Regenbogenflagge. Einige der Beschuldigten* wurden laut Amnesty mit Schlägen und erzwungenen analen Untersuchungen gefoltert. Gesetzlich ist Homosexualität nicht verboten.


 
Armenien

Armenien belegt zusammen mit Aserbaidschan und Russland die letzten drei Ränge bei LSBTI*-Rechten in Europa. Zwar ist Homosexualität seit 2003 nicht mehr verboten, bleibt aber in den meisten Teilen der Gesellschaft tabuisiert. Sowohl Heirat, als auch eingetragene Lebenspartnerschaften sind verboten, Adoption ist nur für Einzelpersonen zugelassen. Drei beispielhafte Fluchtgeschichten hat die Heinrich-Böll-Stiftung Anfang 2018 erzählt.

Im August 2018 kam es in der Gemeinde Shurnukh zu einer dörflichen Hetzjagd von einem circa 30-köpfigen Mob auf neun LSBTI*-Aktivisti*innen. Zwei von ihnen wurden dabei schwer verletzt.

 

Indonesien:

In Indonesien gilt es, sich ein differenziertes Bild für die Situation von LSBTI* zu machen. Jahrelang traten homosexuelle und transsexuelle Prominente im Fernsehen auf und es galt als eines der tolerantesten mehrheitlich muslimischen Ländern, doch in den letzten Jahren ist eine Zunahme an Repressionen zu bemerken. Weitaus schlimmer sieht es in der Provinz Aceh aus, wo die Scharia eingeführt wurde. Noch im Mai 2017 wurden laut FAZ zwei Homosexuelle zu jeweils 85 Peitschenhieben verurteilt.

In einem anderen Artikel vom 10.11.17 beleuchtet queer.de die weitere kritische Entwicklung der Situation in Indonesien. Hier wurden bei einer Pressekonferenz vier schwule BDSM-Fans im Fernsehen vorgeführt und zur Schau gestellt. Auf Bildern ist zu sehen, wie die Beschuldigten Schilder mit den Aufschriften "Slave 1", "Slave 2", sowie "Master 1" und "Master 2" tragen mussten. Laut queer.de kommt es in den letzten Jahren vermehrt zu staatlichen Repressionen gegen Homosexuelle*, wobei Homosexualität bis auf die oben genannte Provinz Aceh eigentlich legal ist.

Human Rights Watch verfasste im Juli 2018 einen ausführlichen Bericht zu den Folgen der Anti-LSBTI*-Stimmung im Land.

 

Jamaika:

In der jamaikanischen Bevölkerung gibt es eine extreme Stimmung gegenüber sexuellen Minderheiten. So sprachen sich noch 2014 91 % für eine staatliche Verfolgung von Homosexuellen aus. Auch die Bundesregierung warnt in ihren Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes vor einer steigenden Zahl gewalttätiger Übergriffe gegen Homosexuelle und Transsexuelle.

Zwei homosexuelle Jamaikaner haben in München im Oktober Asyl beantragt. Dafür waren sie mit dem Flugzeug nach Deutschland gereist. Die Situation für LSBTI* in Jamaika ist immer noch bedrohlich.

Die beiden jungen Männer im Alter von 22 und 23 Jahren beantragten direkt nach der Landung bei den deutschen Behörden Asyl, wie queer.de am 21.10.17 berichtete. Sie zeigten ihre Verletzungen, die von homophoben Angriffen stammen sollen. Außerdem hatten sie ihre Krankenakten dabei und erzählten von ihren Diskriminierungen.

 

Nigeria

2014 unterzeichnete der damalige Präsident Goodluck Jonathan ein sog. Anti-Homo-Ehen-Gesetz, ungeachtet der eingehenden Warnung durch Amnesty International vor den sozialen Auswirkungen des "diskriminierenden Gesetzes".

Entsprechend eines Artikels von queer.de vom 13.01.14 waren homosexuelle Handlungen bereits zuvor mit bis zu 14 Jahren Haft bestrafbar, wovon im Norden des Landes ausdrücklich auch Frauen betroffen sind. Ebenso drohen in mehreren Regionen des Nordens nach Scharia-Recht Peitschenhiebe, Haft und oft auch die Steinigung als Strafe für "Unzucht", die unterschiedlich definiert werde.

Durch das neue Gesetz sei nun ebenfalls das öffentliche Zeigen einer gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehung, etwa durch einen Kuss, unter Strafe gestellt. Zudem werde homosexuelle Gemeinschaften und Vereinigungen das Recht verwehrt sich zu organisieren, geschweige denn zu demonstrieren. Zuwiderhandlungen werden mit bis zu 10 Jahren Haft bestraft.

Obgleich diese Umstände die deutschen Behörden nicht vor Abschiebungen abhalten, konnte sich aktuell laut eines weiteren Berichtes von queer.de ein 23-jähriger schwuler Nigerianer durch lauten Protest im Flugzeug erfolgreich dagegen wehren, weil der Pilot sich weigerte, den protestierenden Mann mitzunehmen.

 

Russland:

2013 verabschiedete die Duma das föderale Verbot von "Propaganda von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen gegenüber Minderjährigen", welches in der Kurzform als Gesetz gegen "Homo-Propaganda" international für Aufsehen sorgte. Zwar war die Situation vorher auch nicht liberal, nichtsdestotrotz ist seitdem in Russland ein massiver Zuwachs von Hassverbrechen gegen LSBTI* zu verzeichnen.

Die Heinrich-Böll-Stiftung verweist in einem Report von April 2017 auf die gestiegene Zahl von Folter und Ermordungen von LSBTI* in Tschetschenien. Russische LSBTI*-Aktivist*innen versuchen seitdem vermehrt, Betroffenen zur Flucht zu verhelfen. Auch queer.de berichtet von erschreckenden neuen Zahlen: Während von 2010-2012 "nur" 43 LSBTI* in Russland ermordet wurden, stieg diese Zahl auf 73 in den Jahren 2013-2015. Einen ähnlichen Anstieg gebe es bei den Zahlen bei weiteren schweren Gewaltverbrechen.

Schlagzeilen machte 2013 die an Brutalität kaum zu übertreffende Ermordung des 23-jährigen Wladislaw Tornowoi. Doch das Martyrium russischer LSBTI* dauert an: Aktuell wurde Ende März 2018 die russischen Trans-Aktivistin Nastja Sapaew Opfer eines brutalen Mordes.

Eine Reportage aus dem Juni 2018 zeigt beispielhaft, wie es ist, als trans* Person in Russland zu leben und welche Repressionen dies mit sich bringt.

 

Tansania

Die Situation für LSBTI* in Tansania ist generell bedrohlich. Männliche Homosexualität wird mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraft, weibliche mit bis zu fünf Jahren oder 500.000 Schilling (knapp 200 Euro). Lebensformen, die von der Heteronormativität abweichen, sind Repressionen ausgesetzt.

Ab dem 1. November 2018 gibt es in der größten Stadt des Landes, Daressalam, eine 17-köpfige Patrouille, die Hinweisen auf Homosexuelle nachgehen. Zu Denunziationen wird aufgerufen. Wenige Tage später distanzierte sich die Regierung von diesem Vorgehen.

 

Ukraine

In einem Artikel vom 29. März 2018 schildert queer.de die Situation von vier ukrainischen Transfrauen, die vor akuter Diskriminierung, Bedrohung und Gewalt, auch vonseiten der ukrainischen Behörden, geflohen waren. Selbst aus ihrem privaten Umfeld seien die Betroffenen laut eigenen Angaben verstoßen worden. Über eine der Frauen existiert sogar ein Beitrag aus dem ukrainischen Fernsehen, der die schwierigen Lebensumstände belegt - symptomatisch für die weit verbreitete Homo- und Transphobie in der Ukraine.

Im Juli 2018 wurde ein LSBTI*-Zentrum überfallen und rechte Demonstranten verhinderten das "Festival der Gleichberechtigung". Im November 2018 wurde eine Demonstration gegen Gewalt an Transpersonen von rechten Gegendemonstranten angegriffen und drei Menschen, darunter ein Journalist, verletzt.

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Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit. Diese finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand März 2024, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

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Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
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