| LSBTIQ, Wissenswertes Russland: Queeres Leben gilt als Extremismus
Update vom 17.07.2024
In einem Artikel vom 17.07.2024 berichtet schwulissimo, dass die russischen Behörden die Sberbank, den größten Kreditgeber des Landes, aufgefordert hätten, das Bild eines regenbogenfarbenen Einhorns von ihren Bankkarten für Kinder und Jugendliche zu entfernen. Das Bild verstoße gegen das Verbot von „Schwulenpropaganda“ und werde mit der als Terrororganisation eingestuften LSBTIQ*-Bewegung in Verbindung gebracht. Sollte die Bank das Bild nicht wie gefordert entfernen, würden ihr rechtliche Sanktionen und Geldstrafen drohen.
Update vom 03.03.2024
In einem Artikel vom 03.03.2024 berichtet Deutschlandfunk.de, dass die russischen Behörden die in Deutschland lebende Autorin Ljudmila Ulizkaja am 01.03.2024 als „ausländische Agentin“ eingestuft hätten. Die Schriftstellerin habe sich dem russischen Justizministerium zufolge „Propaganda für LSBTIQ*-Beziehungen betrieben“. Die russische Regierung verwende den Begriff „ausländische Agentin“ für Personen, die sie für Verräterinnen und Gegnerinnen der Staatsführung halte. Autorinnen, die als „ausländische Agentinnen“ eingestuft werden, müssten ihre Werke entsprechend kennzeichnen.
Update vom 23.02.2024
In einem Artikel vom 23.02.2024 berichtet schwulissimo, dass die russischen Behörden die Werke des schwulen Künstlers Tom of Finland auf ihre Liste der verbotenen Bücher gesetzt und sie als „Homo-Propaganda“ eingestuft hätten. Der Sammelband „Tom of Finland XXL“, in dem homoerotische Darstellungen von Männern zu sehen seien, dürfe nun weder im Internet noch in lokalen Geschäften verkauft oder angeboten werden. Bei Zuwiderhandlungen würden hohe Geldbußen bis hin zu Haftstrafen drohen. Neben den Werken Tom of Finlands stünden auch solche von Stephen Fry, Stephen King und Oscar Wilde auf der Verbotsliste. Der Kampf gegen angebliche „Homo-Propaganda“ in Russland habe sich etwa in dem Anti-Homosexuellen-Gesetz von 2013 und der im Januar dieses Jahres in Kraft getretenen LSBTIQ*-Extremismus-Richtlinie niedergeschlagen.
Update vom 20.02.2024
Auch einen Kinderserien-Treffen sei aufgrund angeblicher "Homo-Propaganda" aufgelöst worden. So werden in einem queer.de-Artikel und schwulissimo-Artikel vom 20.02.2024 berichtet, dass die russische Polizei bei einem Fantreffen der Kinderserie „My Little Pony“ in Moskau eine Razzia durchgeführt habe, weil dort angeblich für Homosexualität geworben worden sei. Die Organisatorinnen des Fantreffens hätten versucht, die Behörden zu besänftigen, indem sie die Regenbogenmähne eines der Ponys in den Farben der russischen Flagge umgestaltet haben, dennoch sei die Veranstaltung aufgelöst worden.
Update vom 18.02.2024
In einem Artikel vom 18.02.2024 berichtet The Telegraph, dass die russische Polizei eine Party in dem Club „Typography“ in Tula bei Moskau wegen angeblicher Verbreitung von LSBTIQ*-Propaganda gestürmt habe. Die Veranstaltung hätte „Liebe, Offenheit und Sexualität“ gefördert. Obwohl die Party nicht explizit als „Schwulenabend“ beworben worden sei, hätten die Behörden sie als solchen interpretiert. Laut der russischen Menschenrechtsorganisation OVD-Info seien die Teilnehmenden der Party gezwungen worden, sich auf den Boden zu legen und geschlagen und ihnen sei gedroht worden, in den Krieg in der Ukraine geschickt zu werden. Die russische Polizei hätte neun Partygäste ausgewählt und sie zur Polizeistation gebracht, um sie wegen der Verbreitung von LSBTIQ*-Propaganda anzuklagen.
Update vom 15.02.2024
In einem Artikel vom 15.02.2024 berichtet Human Rights Watch, dass infolge des Urteils des Obersten Gerichtshofs mindestens drei LSBTIQ*-Rechtsgruppen ihre Tätigkeit aus Angst vor Strafverfolgung eingestellt hätten. Zu den weiteren Folgen des Urteils würden auch Razzien in Schwulenclubs, Selbstzensur und eine vermehrte Nachfrage nach Rechtsberatung von verbliebenen LSBTIQ*-Organisationen, die nun im Verborgenen arbeiten, gehören. Wegen des Zeigens von Symbolen extremistischer Gruppen würden Personen beim ersten Vergehen mit 15 Tagen Haft und im Wiederholungsfall mit bis zu vier Jahren Gefängnis bestraft. Personen, die extremistischen Organisationen angehören oder diese finanzieren, könnten zu einer Gefängnisstrafe von bis zu 12 Jahren verurteilt werden. Human Rights Watch zufolge ist das Urteil des Obersten Gerichtshofs das „jüngste Beispiel dafür, dass die russischen Behörden die seit langem weit gefassten und vagen Anti-Extremismus-Gesetze Russlands missbrauchen, um friedliche Kritiker und Mitglieder bestimmter religiöser Gruppen zu verfolgen“.
Die Verfolgung queerer Personen reiche dabei auch über Russlands Grenzen. So hätte Marianna, die Leiterin der LSBTIQ*-Organisation „For Equal Rights“ in der Ukraine, kurz bevor die russischen Truppen die ukrainische Stadt Cherson besetzt hätten, es geschafft, zu fliehen und auch Hunderten von queeren Ukrainerinnen dabei helfen können, vor der Besetzung zu flüchten. Marianna zufolge würden die russischen Truppen nach queeren Menschen suchen und diese foltern und töten.
Update vom 02.02.2024
In einem weiteren Artikel vom 02.02.2024 berichtet queer.de, dass eine junge Frau in Russland zu fünf Tagen Gefängnis verurteilt worden sei, weil sie Ohrringe in Regenbogenfarben getragen habe, einem Symbol der LSBTIQ*-Bewegung. Das Gericht in Nischni Nowgorod habe die Haftstrafe mit der Zurschaustellung einer „extremistischen Symbolik“ begründet.
Update vom 31.01.2024
In einem Artikel vom 31.01.2024 berichtet Tagesspiegel.de über den Fall einer russischen Frau, die wegen des Postens einer Regenbogen-Fahne auf ihrem Instagram-Account, angeklagt worden sei. Ihr werde vorgeworfen, ein Symbol einer extremistischen Organisation gezeigt zu haben, was zu einer Gefängnisstrafe von bis zu 15 Tagen oder einer Geldstrafe führen könne. Die Menschenrechtsgruppe Pyerwy Otdel argumentiert jedoch, dass das Foto vor dem Inkrafttreten des LSBTIQ*-Verbots im November 2023 veröffentlicht worden sei und das Verfahren gegen das in der russischen Verfassung garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung verstoße.
Update vom 10.01.2024
In einer gemeinsamen Pressemittteilung vom 10.01.2024 berichten der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD), Quarteera, Equal PostOst und ILGA Europe, dass der Oberste Gerichtshof Russlands die „internationale LSBTIQ*-Bewegung“ am 30.11.2023 als extremistisch eingestuft habe. Das Urteil sei ab dem 10.01.2024 rechtskräftig und die Angeklagten können mit bis zu zwölf Jahren Haft bestraft werden. Bereits im Anschluss an die Verkündung des Urteils hätte es erste Razzien in Gemeindezentren gegeben. Zudem gebe es Berichte über Erpressungen, Drohungen und Angriffe gegen die russische LSBTIQ*-Gemeinschaft. Die Verfasserinnen der Pressemitteilung äußern sich besorgt über die unsicheren Bedingungen für queere Menschen in Russland, die fehlende Aufklärung von Hassverbrechen und die Verbreitung von Hassreden gegen die LSBTIQ*-Gemeinschaft. Die Einstufung der LSBTIQ*-Bewegung als extremistisch ermögliche zudem eine willkürliche Verfolgung, die nicht nur Mitglieder von LSBTIQ*-Organisationen, sondern auch Sympathisantinnen der LSBTIQ*-Gemeinschaft, betreffe. Die genannten Verbände fordern die deutsche Bundesregierung, insbesondere Außenministerin Baerbock und Innenministerin Fäser, dringend dazu auf, verfolgten LSBTIQ*-Personen aus Russland Zuflucht zu gewähren.