| Sichere Herkunftsstaaten Deutsches Institut für Menschenrechte gegen Einstufung von Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten
Der Bundesrat wird sich am 21.09.2018 mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einstufung von Georgien, Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten befassen. Wir dokumentieren im Folgenden die Erklärung des Deutschen Instituts für Menschenrechte.
Hierzu erklärt das Deutsche Institut für Menschenrechte:
„Die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention garantieren jedem Menschen, der Schutz vor schweren Menschenrechtsverletzungen sucht, das Recht auf Zugang zu einem Asylverfahren. In dem Verfahren muss der Antrag auf Schutz individuell und unvoreingenommen geprüft werden. Bei der Prüfung ist zu klären, ob der Person im Fall ihrer Abschiebung Gefahren für Leib und Leben drohen.
Die Einstufung von Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten ist damit nicht vereinbar. Der Gesetzentwurf suggeriert, dass Menschen aus diesen Staaten grundsätzlich nicht schutzbedürftig sind. Demnach würde per Gesetz generell vermutet werden, dass Menschen aus diesen Ländern im Fall ihrer Abschiebung keine Verfolgung und andere gravierenden Menschenrechtsverletzungen drohen. Eine solche Vermutung ist angesichts der menschenrechtlichen Situation in diesen vier Ländern nicht nachvollziehbar.
Bereits aus der Gesetzesbegründung der Bundesregierung selbst ergeben sich Zweifel an der Einstufung der Staaten als sichere Herkunftsstaaten. So verweist die Gesetzesbegründung zu Tunesien etwa auf Berichte über Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam und Haftanstalten sowie auf die Straflosigkeit von Beamten in solchen Misshandlungsfällen. In den drei nordafrikanischen Staaten ist Homosexualität strafbar und wird verfolgt, ebenso kritische politische Betätigung. In Marokko kommt es zu unter Folter erzwungenen Aussagen; in Tunesien gibt es schwerwiegende Defizite bei der Beachtung des Folterverbots. Auch in Georgien werden Menschen von der Polizei und Vollzugsbeamten gefoltert und misshandelt. Hassverbrechen gegen lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche, transsexuelle und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) werden strafrechtlich kaum verfolgt. Der Gesetzgeber kann zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1996 und nach europäischem Recht Staaten unter engen Voraussetzungen als sichere Herkunftsstaaten einstufen. Diese Voraussetzungen liegen allerdings nicht vor. Denn in allen vier Staaten bilden Verfolgung und gravierende Menschenrechtsverletzungen keine vereinzelten Ausnahmefälle.“
Hier finden Sie die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte zum Gesetzentwurf.