| Wohnsitzauflage Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge: ein integrationsfeindliches Bürokratiemonster
Offener Brief des Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. an die Landesregierung Schleswig-Holstein vom 24. Mai 2016:
Flüchtlingsrat SH fordert Landesregierung zur Ablehnung des Integrationsgesetzentwurfs auf
Die Bundesregierung hat angekündigt, am kommenden Mittwoch bei ihrer Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg das vom BMI vorgelegten Entwurf eines sogenannten Integrationsgesetzes zu beschließen. Neben der Etablierung integrationsfeindlicher Sanktionsinstrumente will dieser Gesetzentwurf die Wohnsitzauflage für anerkannte und damit bleibeberechtigte Flüchtlinge festschreiben.
Der Flüchtlingsrat spricht sich ausdrücklich gegen diese Form normierter Diskriminierung aus. Die Wohnsitzauflage ist integrationsfeindlich und steht im Widerspruch zur Verfassung. Letzteres ist offensichtlich auch der Bundesregierung und den Befürworter_innen dieses Gesetzentwurfes klar. Sie setzen freilich darauf, dass Klagen allenfalls in sechs bis acht Jahren beim Verfassungsgericht zum Erfolg führen werden und schaffen einstweilen administrative Fakten zulasten der betroffenen Flüchtlinge.
Ebenfalls Fakten schafft derweil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wenn es einer zunehmende Zahl von Kriegsflüchtlingen nur noch mit subsidiären Schutz gewährt. Der Subsidiäre Schutz ist ein Status der ein nachhaltig gesichertes Bleiberecht hintertreibt und das Recht auf Familiennachzug langfristig aushebelt.
Das niedersächsische Innenministerium hingegen stellt in einem aktuellen Runderlass klar, dass subsidiär Schutzberechtigte (die also einen Schutzstatus gem. § 4 Abs. 1 AsylG erhalten und dann Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 zweite Alternative AufenthG haben) keine Wohnsitzauflage aus fiskalischen Gründen bekommen dürfen. Sprich, der Bezug von Leistungen ist keine Begründung für eine Wohnsitzauflage.
Das niedersächsische Innenministerium folgt damit einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.5.2016, der sich wiederum auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. März dieses Jahres bezieht, worin der EuGH festgestellt hat, dass eine Wohnsitzauflage für subsidiär Schutzberechtigte auf Grund des Bezugs von Leistungen gegen Artikel 33 (Zuerkennung internationalen Schutzes) der europäischen Anerkennungsrichtlinie/Qualifikationsrichtlinie verstößt.
Die niedersächsische Landesregierung zieht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 01.03.2016 zur Rechtswidrigkeit einer fiskalisch begründeten Wohnsitzauflage den einzig zulässigen Schluss, dass Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz - ebenso wie anerkannte Flüchtlinge auch - nicht mit einer Wohnsitzauflage belegt werden dürfen. Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein begrüßt diese Weisung der Regierung des benachbarten Niedersachsen und wertet sie auch als Kritik an dem vorliegenden Gesetzentwurf des Bundes, der Wohnsitzauflagen für schutzbedürftige Flüchtlinge einführen möchte.