| Aktuell, Aufenthaltsgestattung und Duldung Erlass: Duldungsregelung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG im Vorgriff
Anbei finden Sie einen Vorgriffserlass des Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport vom 02.05.2022 zum ''Aufenthaltsrecht: Vorgriffsregelung; Erteilung einer Ermessensduldung im Vorfeld zur Neuregelung der Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration (§ 25b AufenthG) und bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden (§ 25a AufenthG) sowie der Aufenthaltsgewährung im Rahmen eines „Chancen-Aufenthaltsrechts“.''
Regelung zur Erteilung von Ermessensduldungen
Die Voraussetzungen für die Ermessensduldung orientieren sich hierbei inhaltlich an den Voraussetzungen der geltenden gesetzlichen Bleiberechtsregelungen unter Einbeziehung der verkürzten Aufenthaltszeiten (3, 4 und 6 Jahre) und der avisierten neuen Altersgrenze des § 25a AufenthG (bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres) sowie den im Koalitionsvertrag vereinbarten Voraussetzungen für ein „Chancen-Aufenthaltsrecht“ .
a) Geduldeten Person ist danach (weiterhin) eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn sie zum Zeitpunkt der Prüfung
- sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhalten,
- das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und
- eine Begünstigung gem. § 25a Abs. 1 AufenthG aufgrund des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen in Betracht kommen könnte.
Im Kontext zur verkürzten Aufenthaltsdauer ist abweichend von § 25a Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ein dreijähriger erfolgreicher Schulbesuch ausreichend. Für die Eltern oder einem allein sorgeberechtigten Elternteil und die minderjährigen Geschwister ist die Abschiebung in diesem Fall ebenfalls auszusetzen. Für Familienangehörige ist eine mögliche Begünstigung gem. § 25a Abs. 2 AufenthG und damit verbundene Ermessensduldung zu prüfen.
b) Dasselbe gilt für geduldete Personen, die
• sich seit mindestens sechs Jahren oder – falls sie zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben – seit mindestens vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhalten und eine Begünstigung gem. § 25b AufenthG aufgrund des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen in Betracht kommen könnte, oder
• sich am 01.01.2022 seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufgehalten haben, bisher nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Eine Pflicht zur (überwiegenden) Lebensunterhaltssicherung besteht (noch) nicht.
Sind Betroffene im Besitz einer Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB) oder einer ausländerbehördlichen Bescheinigung über die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, sind sie als (faktisch) geduldete Personen im o.g. Sinne anzusehen. Die Zeiten des Besitzes einer GÜB oder einer ausländerbehördlichen Bescheinigung unterbrechen die geforderte Aufenthaltsdauer nicht, da die oder der Betroffene während dieses Zeitraums als faktisch geduldet anzusehen ist.
Ein Auszug der geplanten Änderungen aus dem Koalitionsvertrag finden Sie hier:
a) § 25a AufenthG: „Gut integrierte Jugendliche sollen nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland und bis zum 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen“
b) § 25b AufenthG: „Besondere Integrationsleistungen von Geduldeten würdigen wir, indem wir nach sechs bzw. vier Jahren bei Familien ein Bleiberecht eröffnen“
c) Einjährige „Aufenthaltserlaubnis auf Probe“: „Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein Chancen‐Aufenthaltsrecht entgegen: Menschen, die
- am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben,
- nicht straffällig geworden sind und
- sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen,
sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung und Identitätsnachweis gemäß §§ 25a und b AufenthG.“